: Forschungsinsel abgeschweißt
■ Nach 17 Jahren räumen Wissenschaftler ihren Nordseesitz
Die Forschungsplattform Nordsee ist am Donnerstag morgen auf offener See demontiert worden. Drei Schwimmkräne nahmen 30 Seemeilen nordwestlich von Helgoland das 1.400 Tonnen schwere Deck der Plattform auf den Haken und hievten die Stahlkonstruktion auf einen Transport-Ponton. Binnen sechs Stunden hatten Schweißer-Teams zuvor mit speziellen Unterwasser-Schweißgeräten das Deck von den vier Standbeinen der Plattform getrennt. Sprengstoff ist zum Schutz der Nordsee nicht verwendet worden.
Auf der Plattform, die dem Bundesforschungsministerium gehört, hatten Meeresforscher 17 Jahre lang gearbeitet. Nachdem das Betonfundament durch die starke Meeresströmung unterhöhlt wurde und Risse an der Gründung auftraten, stand der Bund vor der Entscheidung, die Plattform umfassend zu sanieren oder abzureißen. Da auch die Zahl der Forschungsvorhaben auf der Plattform rapide abnahm, entschloß sich Bonn für den Rückbau.
Von der Plattform dürfen nur die glatten Betonfundamente auf dem Meeresboden zurückbleiben. Die Stahlelemente werden in den Niederlanden verschrottet. Betriebsmittel der Plattform, Öle, Treibstoffe und die überdimensionalen Batterien wurden geborgen, um sie sachgerecht entsorgen zu lassen.
Vier Tage lang warteten die Bergungskräne vor der künstlichen Insel auf ruhige See, doch bis zu sechs Meter hohe Wellen verzögerten immer wieder den Beginn der Rückbauarbeiten. Als am Mittwoch abend der Wellengang abflachte, starteten die Spezialfirmen mit der Demontage, die ähnlich aufwendig ist wie der Neubau. Die Forschungsplattform hatte 1974/75 rund 48 Millionen Mark gekostet. Der Abbau verschlingt rund sechs Millionen Mark.
Von 1975 bis 1992 arbeiteten Wissenschaftler aus 60 Instituten auf der Plattform. So untersuchte die Bundesforschungsanstalt für Fischerei das Verhalten von Fischen vor Fanggeräten, das Alfred-Wegener-Institut analysierte in einer Langzeitstudie den Sauerstoffgehalt des Wassers. In Zukunft wollen die Meeresforscher verstärkt Meßbojen benutzen und auf Forschungsschiffen arbeiten.
dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen