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Mainzer Straße vor dem Ausverkauf

■ Nach der Millionensanierung droht nun Umwandlung in Eigentumswohnungen / Senat hatte keine Bindungen vereinbart / Rückzahlung der Fördergelder ungewiß

Aufregung in der Mainzer Straße: Nachdem bekanntgeworden war, daß mit der Hausnummer 10 eines der ehemals geräumten und mit großem Aufwand aus öffentlichen Mitteln sanierten Häuser in Eigentumswohnungen umgewandelt werden soll, lud die Friedrichshainer SPD am Donnerstag abend zur Mieterversammlung. Mehr, als auf den Kündigungsschutz bei Eigenbedarfskündigungen zu verweisen, vermochte auch Bürgermeister Helios Mendiburu (SPD) nicht. Eine Umwandlung könne nicht verhindert werden, allenfalls könne man vom Eigentümer die Rückzahlung der Fördermittel verlangen.

15 Millionen Mark hat es sich der Senat kosten lassen, die Mainzer Straße zu räumen, 45 Millionen, sie zu sanieren. Auf Dauer sollten hier Sozialwohnungen entstehen, versprach der damalige Baustadtrat Hannemann (CDU). Doch daraus wird nichts. Während in den gängigen Förderverträgen zwischen Investitionsbank Berlin (ehemals Wohnungsbaukreditanstalt) und Eigentümern Miethöhe, Umwandlungsverbot und Sozialbindung für den Förderungszeitraum festgelegt werden, wurde in der Mainzer Straße ungeachtet der ungeklärten Eigentumsverhältnisse und ohne konkrete Vorgaben modernisiert. „Eine bodenlose Geldverschwendung“ findet dies die baupolitische Sprecherin der Grünen, und in der Tat ist ungeklärt, ob und wie der Senat die Gelder zurückverlangen kann.

„Förderverträge gab es nicht, weil dafür 1990 noch die gesetzlichen Grundlagen fehlten“, umreißt Wolfgang Krumm von der Bauverwaltung die damalige Problemlage. Was dem Senat bleibt, ist die Rechtsauffassung, daß im Falle einer Umwandlung zumindest die Fördergelder zurückfließen. „Dies“, ist sich Krumm sicher, „ergibt sich aus den Konkretisierungen des damaligen Bewilligungsbescheids und aus dem Vermögensgesetz.“ Langwierige Rechtsstreitigkeiten vermag aber auch er nicht auszuschließen.

Für rechtlich unsicher hält dagegen Sabine Löhr von der Mieterberatung „ASUM“ die Rückgabe der Gelder, und der Berliner Mieterverein schätzt gar, daß höchstens ein Viertel der Mittel an das Land zurückfließe. Anlaß für die Bauverwaltung, in einer Presseerklärung die Wogen zu glätten: „Die Fördermittel wurden nicht als verlorene Zuschüsse, sondern als Vorauszahlungsmittel unter dem Vorbehalt der späteren Rückzahlung bzw. Abrechnung bereitgestellt“, so hieß es, „für die Mieter ist das Problem nicht von Bedeutung.“

Unterdessen wurde bekannt, daß die Mainzer Straße nicht der einzige Fall ist, bei dem öffentliche Gelder ohne einklagbare Auflagen eingesetzt wurden. In der Choriner Straße 34 in Prenzlauer Berg wurde 1992 im Rahmen des Leerstandsbeseitigungsprogrammes saniert. „Mitten in das Sozialplanverfahren und die Umsetzung der Mieter erfolgte dann die Rückübertragung“, weiß Silvia Hoehne von der Mieterberatung Prenzlauer Berg. Das Ergebnis: Der Eigentümer wolle von den Sozialbindungen nichts wissen und habe obendrein ein lukratives, weil saniertes und leerstehendes Haus. Bereits damals habe ein eilig angesetztes Gespräch zwischen Bauverwaltung und Investitionsbank keine Sicherheit ergeben, ob man die eingesetzten Gelder jemals wiedersehen würde. Uwe Rada

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