■ Bücher.klein: Rechter Rand
Wer sich heutzutage dem Thema Rechtsextremismus widmet, kann allzu leicht die Übersicht verlieren. Rechtsaußen entstehen – nicht erst durch das Verbot einiger Neonazi-Gruppen – dauernd neue Strukturen. Was vor wenigen Wochen noch aktuell war, kann heute schon wieder überholt sein. Diesem Problem stand offenkundig auch Rainer Fromm gegenüber, der kürzlich ein „Lexikon des Rechtsradikalismus“ vorgelegt hat. Manche der von ihm breit dargestellten Organisationen – wie etwa die Deutsche Alternative (DA) – sind durch das im vergangenen Jahr verhängte Verbot längst von der (legalen) Bildfläche verschwunden.
Dieser Schönheitsfehler schmälert den Wert von Fromms Buch jedoch keineswegs. Aus dem fast schon unüberschaubar gewordenen Markt an qualitativ sehr unterschiedlichen Büchern zum derzeitigen Modethema Nummer eins gehört sein Band zu den besseren. Nicht zuletzt, weil sich der Autor die Mühe gemacht hat, die personellen Verbindungen zwischen den verschiedenen Gruppen und Organisationen, Zeitungen und Zeitschriften der rechten Szene in prägnanter Form herauszustellen. Denn: Zwar wechselt die rechte Szene bekanntlich häufiger die Verkleidung, der Stamm ihrer Führungsfiguren bleibt jedoch seit Jahren relativ konstant.
Wohltuend gegenüber so manchem Werk, das mit soziologischen Erkenntnissen über die Seelenbefindlichkeit der rechten Führer und ihrer Gefolgschaft eher vernebelt als erhellt, vertraut Fromm (Jahrgang 1965) auf die Urteilsfähigkeit seiner Leser. Ausführlich werden daher Originaltexte, Reden oder auch Lieder präsentiert.
Bislang noch in keinem Buch wurden so umfangreich die Aktivitäten des deutschen Ku-Klux-Klan-Ablegers, der rassistischen Geheimorganisation in den USA, belegt. Eine Organisation, die über Angehörige in den US-Streitkräften zu deutschen Neonazis Kontakt hält und seit der deutschen Wiedervereinigung gerade in der ostdeutschen Skinheadszene an Einfluß gewinnt.
Kräftig gegen den Strich feministischer Fundamentalistinnen argumentiert Fromm in dem gemeinsam mit Barbara Kernbach verfaßten Kapitel über die Frauen- und Männerrolle bei den Rechten. Keineswegs, so ihr schlüssiger Beleg anhand von Originaldokumenten, akzeptiert das weibliche Geschlecht in den Nazi-Männerbünden die ihnen qua Ideologie zugedachte Opfer- und Dienerrolle. Zunehmend greifen die in rechtsextremen Gruppen organisierten Frauen in die Politik ein, fordern die Gleichstellung von Frau und Mann und verfechten im selben Atemzug eine offen rassistische Politik. Severin Weiland
Rainer Fromm: Am rechten Rand. Lexikon des Rechtsradikalismus. Schüren Presseverlag, Marburg 1993, 232 Seiten, 28 Mark.
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