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Rexrodt pfeift Kartellbehörde zurück

■ Das Bundeskartellamt erhebt Einwände gegen die Fusion der deutschen Kali-Werke, aber der liberale Wirtschaftsminister Rexrodt findet, seine Beamten seien in diesem Fall nicht zuständig

Berlin/Kassel (dpa/taz) – Siebzehn Männer und vier Frauen setzen den Hungerstreik in der besetzten Werkskantine von Bischofferode fort. Ein auf den 20. August befristetes Ultimatum der Kali und Salz AG in Kassel hat sie erwartungsgemäß nicht weiter beeindruckt. Gegen die Drohung, das Werk werde nach dieser Frist geräumt, wollen sie rechtliche Schritte einleiten.

Zeit können sich die Kumpel ohnehin lassen. Der Streit um die Fusion der beiden deutschen Kali- Produzenten Kali und Salz und Mitteldeutsche Kali AG hat den Schauplatz gewechselt, er wird jetzt zwischen Bonn und Berlin ausgetragen. Denn wenigstens zum Teil hat sich das Bundeskartellamt die Kritik der Betriebsräte von Bischofferode zu eigen gemacht: Der Fusionsvertrag, der zwischen der Treuhandanstalt und dem Chemiekonzern BASF ausgehandelt worden war, verstärke die jetzt schon marktbeherrschende Position der BASF-Tochter Kali und Salz. So lautet der Tenor einer Stellungnahme, die ein Sprecher der Berliner Behörde am Donnerstag abend verbreiten ließ.

Das Problem des Bundeskartellamtes ist nur, daß diese wenig überraschende Fachmeinung bei Wirtschaftsminister Rexrodt, dem Dienstherrn, nicht willkommen ist. Der ehemalige Treuhanddirektor ist mit der Materie bestens vertraut und verwies die Angelegenheit von vornherein zur Prüfung nach Brüssel. Im europäischen Rahmen, so Rexrodts Kalkül, könne die Konzentration des deutschen Kali-Bergbaus auf einen einzigen Anbieter wohl kaum wettbewerbsrechtliche Bedenken erregen.

Der Liberale darf sich zwar überparteilicher Unterstützung von seiten der Sozialdemokraten wie auch der Gewerkschaften sicher sein. Nur unter dem Dach der BASF hätten die ostdeutschen Kali-Gruben eine Überlebenschance, so mahnte zuletzt auch der Gesamtbetriebsrat der Mitteldeutschen Kali AG die Hungerstreikenden von Bischofferode.

Aber just dieses Argument spricht aus Sicht des Bundeskartellamtes vor allem dafür, die Fusion als innerdeutsches Problem zu betrachten. Ein internationaler Kali-Markt existiere seit Jahren nicht, der neue deutsche Monopolist werde daran nichts ändern, sondern lediglich den „gesonderten deutschen Markt“ beherrschen, so die gestern veröffentlichte Stellungnahme.

Die EG-Behörde will nächste Woche über die Kali-Fusion entscheiden. Die deutschen Wettbewerbshüter werden ihre Argumente dort selbst vortragen. Daran kann sie der Minister in Bonn nicht hindern. Ein „Rückholrecht“ des Bundeskartellamtes bestehe jedoch nicht, beschied der Minister gestern seinen Beamten, die einen Antrag an die Brüsseler Kollegen stellen wollten, den Fall doch bitte schön ihnen zu überlassen. Zu dieser Passage der Stellungnahme aus Berlin mochte Rexrodt sein „Einvernehmen“ nicht geben.

Auch die Kali und Salz AG gab sich gestern überaus zugeknöpft. Sie sei lediglich bereit, einem Wirtschaftsprüfer Einsicht in den Fusionsvertrag zu gewähren. Der Betriebsrat von Bischofferode fordert, daß das Papier ihm selbst und ungekürzt zum Studium vorgelegt werde. Überraschendes dürfte sich darin allerdings kaum noch finden lassen. Die Treuhandanstalt, 49 Prozent-Eigentümerin der fusionierten Kali-Werke, räumt inzwischen ein, daß der Vertrag eine Schutzklausel gegen Konkurrenten enthält, die das vereinbarte Unternehmenskonzept stören könnten: „In einer Ehe ist das so üblich“, findet Treuhandsprecher Wolf Schöde. Niklaus Hablützel

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