: Gestrandet sind sie alle
■ Am Samstag legt das „Schiff der Völker“ in Vegesack an: Ein vielsprachiges Theaterspektakel mit Schiffbrüchigen aus aller Welt
Ein Schiff wird kommen, ein „Schiff der Völker“. Schiffbrüchige aus aller Welt gehen in Bremen-Vegesack an Land und treffen sich dort zum großen Intermezzo: Das „Schiff der Völker“ wird Samstagnacht beim „Fest der internationalen Begegnung“ mit Musik und Folklore auf dem Sedanplatz in Vegesack als internationales Theaterspektakel aufgeführt werden.
Eigentlich ist es ja schon da, das Schiff. Es steht als wuchtiges Gerüst aus dunklen Holzplanken auf dem Vegesacker Sedanplatz. Der Bildhauer Gunther Gerlach hat es als Kulisse für eine Freiluft-Inszenierung gebaut, die seit Monaten vorbereitet wird: Ausländische und deutsche VegesackerInnen spielen gemeinsam, wie sie sich begegnen. Die Idee dazu hatte Regisseur Paolo Bonaldi aus Venedig, der vor zwei Jahren bereits mit einer Theatertruppe im Bürgerhaus zu Gast war.
Er hat ein paar dramaturgische Mosaiksteinchen verfaßt, welche über 100 Mitwirkende spontan und impulsiv beleben dürfen, in Spiel, Musik, Tanz und Gesang. Gestrandete, die sie in den Augen Bonaldis alle sind, egal ob nicht-deutsch oder deutsch. Seine Rahmenfiguren, ein korrupter Waffenhändler, ein abgefahrener Sportler, eine trinkende, depressive Hausfrau, ein mafioser Pizzabäcker und ein TV-Team, hat der Regisseur mit jungen Profi-KünstlerInnen besetzt. Die übrigen Mitspielenden aus der Türkei, aus Eritrea, aus Somalia, Äthiopien, Albanien, Afghanistan, Libanon, Italien, Griechenland, Spanien, Finnland oder Brasilien können ganz frei agieren.
Gesprochen wird in der jeweiligen Muttersprache, Verständigungsschwierigkeiten gehören zum Stück. „Das Schiff der Völker“ möchte die Sprach-Hemmschwelle künstlerisch angehen. Gerd Meyer vom veranstaltenden Bürgerhaus Vegesack: „Wir proben eine neue Form von Vertrauensarbeit zwischen ausländischen und deutschen BewohnerInnen im Stadtteil.“
Das Schiff soll nach dem Spektakel, wenn es die Schiffbrüchigen verlassen haben, auch nicht in der Versenkung verschwinden, sondern einem Kindergarten als Spielgerüst zur Verfügung gestellt werden.
Beispielhaft ist die Zusammenarbeit des Bürgerhauses mit der Flüchtlingshilfe Bremen- Nord und dem Verein Lichtblick, die zum großen Teil die Kontakte zu den nicht-deutschen Mitwirkenden vermittelt haben. Noch sind vor allem ältere TürkInnen und AsylbewerberInnen aufgerufen, sich als Statisten zu beteiligen. sip
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