■ Grün-schwarze Begegnung mit Folgen
: Rote Ampel – rote Karte?

Wenn ein Grüner bei rot einer Schwarzen die Vorfahrt nimmt, hat das möglicherweise Folgen: Dem Grünen-Abgeordneten Bernd Köppl jedenfalls droht nun der Führerscheinentzug. Er gebe „Anlaß zu der Annahme, daß seine Eignung zum Führen von Fahrzeugen nicht mehr vorhanden ist“, weil er „offensichtlich nicht bereit ist“, die allgemeinen Verkehrsregeln „konsequent zu beachten“, teilte ihm das Landeseinwohneramt mit.

Der Mediziner war Mitte Mai am Innsbrucker Platz mit seinem Fahrrad dem Dienstwagen der Parlamentspräsidentin Laurien (CDU) in die Quere gekommen. Die stramme Katholikin, mit dem Segen des grünen Ampellichts gestärkt, wollte anschließend per Brief wissen, ob der Grüne denn wenigstens ein schlechtes Gewissen habe. Doch von Reue keine Spur, mußte die Präsidentin erfahren. „Wer wie ich etwa 15.000 Kilometer im Jahr Fahrrad in Berlin fährt, kann sich unmöglich dauernd an die Autoverkehrsvorschriften halten, sonst lebt er zu gefährlich und kommt viel zu langsam vorwärts“, antwortete Köppl. Die Regeln würden zwar für alle gelten, aber seien nicht für alle gemacht; vielmehr würden „Nichtautofahrer“ von den Vorschriften „an den Rand verdrängt“.

Der Briefwechsel, öffentlich gemacht von der Morgenpost, hatte offenbar auch beamtete Leser. „Ihre Aussage läßt vermuten, daß Sie die Verkehrsvorschriften offenbar nicht selten bewußt mißachten, um aus eigennützigen Beweggründen Vorteile für Ihre Art der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zu ziehen“, durfte der Abgeordnete nun in einem Einschreiben lesen. Die Einhaltung der Verkehrsregeln „liegt besonders im Interesse der verkehrsschwachen Menschen (Kinder, Kranke, Gebrechliche)“, wurde der Pedaleur zudem belehrt. Dies nun wiederum bringt zusammen mit dem angedrohten Führerscheinentzug den Grünen-Politiker in Rage. Besonders ärgert Köppl, daß von den federflinken Verteidigern des Rechtsstaats jene Menschen, die „am meisten unter dem wahnsinnigen Autoverkehr leiden, (...) als Argumente gegen den abgasfreien oder aufsässigen Fahrradfahrer ins Feld geführt“ werden. Klein beigeben kommt für Köppl nicht in Frage. Er freue sich auf die Auseinandersetzung mit der „Autolobby“ in der Amtsstube, ließ er wissen, und führt sogleich einige Beispiele einer für Radler unsinnigen und gefährlichen Verkehrsführung an. „Der verantwortungsbewußte und zügige Fahrradfahrer mißachtet“ deshalb zuweilen „zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz der Kinder, Kranken und Gebrechlichen“ die Verkehrsregeln, „selbst wenn dabei der Gruppenleiter im Landeseinwohnermeldeamt vor Wut ins Lenkrad beißt“. Gerd Nowakowski