: Bombendrohung gegen AKW Krümmel
Ein „Kommando 5. August“ wiLL 1,5 Millionen Mark / Ultimatum abgelaufen / Kripo und Energieministerium: „Keine ernsthafte Bedrohung“ / Öffentlichkeit wurde nicht informiert ■ Von Marco Carini
Hamburg (taz) – Die Betreiber des Atomkraftwerks Krümmel werden mit einer Bombendrohung erpreßt. In einem Schreiben, das bereits am 27. Juli im AKW einging, forderte eine Gruppe mit dem Namen „Kommando 5. August“ von den Kraftwerksbetreibern 1,5 Millionen Mark. Bis zum vergangenen Donnerstag sollte die Summe gezahlt werden, andernfalls werde man mit einem Sprengstoffanschlag Radioaktivität freisetzen. Das bestätigten die Hamburgischen Elektrizitätswerke am Wochenende (HEW) gegenüber der taz.
Nach Angaben der HEW gehen weder die eingeschaltete Kriminalpolizei noch das Kieler Energieministerium von einer „ernsthaften Bedrohung“ aus. Die Erpresser hätten bis zum Ablauf des Ultimatums den Kraftwerksbetreibern nicht mitgeteilt, wann und wo die Übergabe des geforderten Geldes stattfinden sollte. Trotzdem wurden nach Eintreffen der Bombendrohung die Sicherheitsvorkehrungen in dem AKW verschärft, die KraftwerksmitarbeiterInnen verstärkt kontrolliert.
Alle beteiligten Behörden vereinbarten absolutes Stillschweigen über den Erpressungsversuch. Ein HEW-Sprecher: „Das Hauptziel der Erpresser ist es offenbar, daß ihre Bombendrohung in den Medien berichtet wird – diesen Gefallen wollten wir ihnen nicht tun.“ Eine Veröffentlichung würde nach Ansicht der HEW nur dazu führen, potentielle Nachahmer auf den Plan zu rufen und die Bevölkerung unnötig in Panik zu versetzen. Auch zwei Zeitungen, ein Nachrichtenmagazin und ein Radiosender, die im Lauf vergangener Woche von der Bombendrohung Wind bekamen, verpflichteten sich, die Öffentlichkeit nicht über die Drohung zu unterrichten.
Schließlich erfuhren die Geesthachter Grünen von der Bombendrohung. Am Samstag brachen sie das Schweigen: In einem in Geesthacht verteilten Flugblatt forderten sie „von den zuständigen Stellen“ eine lückenlose Aufklärung der Bevölkerung über die Fakten und die Tragweite dieser Drohung“. Dabei übten sie scharfe Kritik an der Informationsblockade der verantwortlichen Stellen: „Offenbar wird hier die in Kernenergiefragen übliche Desinformationspolitik fortgesetzt.“
Nach Auffassung eines HEW- Sprechers ist eine Freisetzung radioaktiven Materials durch einen Sprengstoffanschlag „kaum vorstellbar“. Schon aufgrund der normalen Sicherheitsvorkehrungen sei es nicht möglich, relevante Mengen von Sprengmaterial in den Kernbereich des Atommeilers zu bringen. Nur so könne aber die Abschaltautomatik des Kraftwerks außer Kraft gesetzt und ein Atomunfall ausgelöst werden.
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