: Kammer: Mit Bremen geht's abwärts
■ Angestelltenkammer fordert Arbeitsmarktpolitik vor Wirtschaftssubventionen
Um Bremens Zukunft ist es schlimm bestellt. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Bremen in der Rezession“, die die Angestelltenkammer gestern vorgestellt hat. Allein bis 1995 werden danach weitere 8-16.000 Arbeitsplätze vernichtet und die Arbeitslosenquote wird auf 16 Prozent steigen, schätzt Kammer- Autor Jörg Muscheid.
Das hat seine Gründe. Bei Auftragseingängen steht Bremen derzeit nur halb so gut da wie der Bundesdurchschnitt. Und diese Schere wird größer: Mittelfristig wird der Bund bei den Auftragseingängen sogar dreimal so gut dastehen wie Bremen. Während andere Bundesländer im letzten Jahr Wachstumsraten zwischen 0,5 und 2,5 Prozent verbuchten, sei das Wachstum in Bremen im Jahr 1992 gegenüber dem Vorjahr bereits um 0,6 Prozent zurückgegangen. Und das trotz eines gigantischen Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramms (WAP), von weit über 200 Mio. Mark im Jahre 1992. Grund genug für Muscheid, eine vernichtende WAP-Bilanz zu ziehen: „Das gesteckte Ziel, die Abkopplung Bremens vom Bundestrend zu stoppen und eine dauerhafte Wiederannäherung einzuleiten, (ist) weder im Hinblick auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze noch beim Strukturwandel erreicht worden.“
Die Kammer fordert, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zusammenzulegen und beide zu fördern. „Wir können keine Wirtschaftsförderung mehr akzeptieren, die keine Arbeitsplätze schafft“, meinte Kammer- Präsident Bernhard Baumeister. Der Senat solle einen Schwerpunkt in Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen setzen. Baumeister: „Was soll die Eigenständigkeit, wenn es sich in Bremen nicht mehr zu leben lohnt? Man kann das Bundesland nicht dadurch sanieren, daß man ausgerechnet den Ärmsten noch in die Tasche greift.“ Auch in diesem Punkt gab es Schelte für den Wirtschaftssenator. Der Qualifizierungsfonds, wie im WAP vorgesehen, sei „angesichts der vergleichsweise lächerlichen finanziellen Ausstattung“ eher politisches Marketing als ein arbeitsmarktpolitisch effektives Programm.
Eberhard Fehrmann, Geschäftsführer der Kammer, erklärte die „klassischen Konfliktrituale zwischen Arbeit und Kapital für beendet.“ Das Merkmal erfolgreichen Wirtschaftens läge in der Kooperation. Dazu soll ein „runder Tisch“ eingerichtet werden. Bremens Plus der Zukunft läge im Dienstleistungsbereich, und um den anzulocken, müßten Qualifizierungsangebote gemacht werden. mad
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