Grüne: Gasag-Aktien an die Börse

■ Bündnis 90/Grüne will den angeblich geplanten Verkauf von 24,9 Prozent der Gasag-Aktien an Ruhrgas verhindern / Verkauf an der Börse wäre lukrative Kapitalanlage für Berliner Bürger / Morgen Anhörung

Die Fraktion Bündnis 90/Grüne will den vom Senat geplanten Verkauf von 24,9 Prozent der Gasag- Aktien stoppen. Die Fraktion läßt von der Bayrischen Vereinsbank prüfen, ob ein Verkauf der Aktien an der Börse möglich ist. Durch die Streuung könnte zum einen verhindert werden, daß ein einzelnes Unternehmen zuviel Einfluß in dem größten Gasversorgungsunternehmen Westeuropas gewinnt, sagte gestern Michaele Schreyer, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion. Zum anderen hätten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, lukrative Kapitalanlagen zu erwerben, betonte Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion.

Nach Informationen der Grünen soll bereits eine Vorentscheidung zu Gunsten eines Verkaufs der Aktien an die Ruhrgas gefallen sein. Diesen Eindruck habe die Fraktion nach Gesprächen mit der ÖTV und dem Gasag-Vorstand gewonnen, weil von jenen die Ruhrgas als das „wirtschaftlich potenteste Unternehmen“ der insgesamt 13 Interessenten betrachtet werde, sagte Berger auf der gestrigen Pressekonferenz. Bei dem Geschäft soll es angeblich um rund eine halbe Milliarde Mark gehen. Der genaue Wert der Aktien ist aber noch nicht geschätzt worden. Weil die vom Senat beauftragte Berliner Bank entsprechende Unterlagen bisher nicht zusammengestellt hat, soll die Frist für die Kaufangebote der Interessenten, die Mitte August abgelaufen wäre, ohne genauen Termin verschoben worden sein.

Die ehemalige Umweltsenatorin Schreyer warf dem Senat vor, sich von vornherein darauf festgelegt zu haben, das Aktienpaket an einen Vorlieferanten zu verkaufen. Unter den 13 Bewerbern gebe es fast ausschließlich Unternehmen dieser Branche. Die Ruhrgas ist das größte – im vergangenen Jahr hatte sie 85 Prozent des in der Bundesrepublik verbrauchten Gases vertrieben. Auf Grund der Festlegung habe die Landesregierung offenbar darauf verzichtet, für das Land andere günstige Verkaufsmodelle zu prüfen, sagte Schreyer. Mit einem Verkauf an die Ruhrgas drohe, daß der Wettbewerb der Gaslieferanten in der Bundesrepublik eingeschränkt werde. Das Unternehmen könnte mit seiner faktischen Monopolstellung Lieferpreise diktieren – ein Aktienverkauf an die Ruhrgas sei schon deshalb von Nachteil.

Für die Grünen ist statt dessen auch denkbar, daß der 600 Millionen Mark teure Gasspeicher unter der Stadt verkauft und anschließend von der Gasag geleast wird. Dadurch würden wie bei dem geplanten Aktienverkauf kurzfristig dreistellige Millionensummen in die defizitäre Landeskasse fließen, ohne daß sich der Senat seinen Einfluß auf die Energiepolitik nehmen lassen müßte. Möglich sei auch eine Bürgerbeteiligungsgesellschaft, mit deren Hilfe Bürger ebenfalls Anteile an dem Energieunternehmen erwerben könnten. Dieses Modell sei in Hannover – dort sollen 20 Prozent der Stadtwerke verkauft werden – bereits sehr intensiv diskutiert und von der Deutschen Bank vorbereitet worden. Auf einer Anhörung, zu der unter anderem verschiedene Senatsverwaltungen geladen sind, wollen die Grünen morgen in Erfahrung bringen, wieviel Personal bei der Gasag entlassen werden soll und welche Folgen der Aktienverkauf auf die Gaspreise haben wird. Dirk Wildt