Bonn hat experimentiert

■ Politiker lernen Verkehrspolitik nicht

Bonn (taz) – Nach vier Monaten geht morgen in Bonn ein Experiment zu Ende, das die Debatte um die Verkehrspolitik am Regierungssitz neu belebt hat. Dabei sollte eigentlich nur die Kennedybrücke renoviert werden, die das Stadtzentrum mit dem rechtsrheinischen Beuel verbindet. Vor Beginn der Bauarbeiten im Mai querten hier stündlich bis zu 2.000 Kraftfahrzeuge den Rhein. Während der Bauarbeiten blieb die Brücke im Mai und Juni in Richtung Beuel dicht, in den beiden letzten Monaten war die Brücke in Richtung City gesperrt.

Das erwartete Verkehrschaos blieb aus, neu eingerichtete P + R- Plätze wurden kaum frequentiert, die Bundeswehr hat eine zusätzlich aufgebaute Autofähre längst wieder eingestellt. Bürger und Stadtverwaltung staunten. Und sahen dann die Chance, die Brücke zurückzuerobern. Von den vier Autospuren sollten dem Autoverkehr nur zwei zurückgegeben werden. Doch die örtlichen Einzelhändler und der Haus- und Grundbesitzerverband sperrten sich, die abhängige CDU wurde im Stadtrat auf Kurs gebracht. Der Bonner General-Anzeiger, führende Tageszeitung am Ort, führte zwar noch eine TED-Umfrage mit hoher Beteiligung und zwei Drittel Mehrheit für die Sperrung durch. Half aber auch nicht mehr: Ab morgen werden wieder Autos in vier Spuren über die Brücke fahren und sich allmorgend- und abendlich zum Stau formieren. Bernhard Meier