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Fremd unter Fremden

■ Der Film „Warum starb Nirmala Ataie“

Im Iyll des Bremer Bürgerparks findet im Januar 1991 ein Spaziergänger die Leiche einer jungen Frau. Mit 17 Messerstichen war die Nepalesin Nirmala Ataie getötet worden, die zuvor vor ihrem afghanischen Mann Mohammed ins Bremer Frauenhaus geflohen war. Sie hielt noch Kontakt zu ihm, und ihre letzte Begegnung im Bürgerpark endete für Nirmala tödlich.

„Wut und Trauer“ demonstrierten wenige Tage später die Transparente empörter Bremerinnen. Die drei Journalistinnen Inge Buck, Barbara Debus und Konstanze Radziwill haben nun das letzte Dreivierteljahr im Leben Nirmala Ataies in Bremen in einem Dokumentarfilm aufgerollt. Der Titel Warum starb Nirmala Ataiehat kein Fragezeichen. Die Tat war bald aufgeklärt, der flüchtige Ehemann und Täter wurde in Belgien festgenommen, legte ein Geständnis ab und die Gerichtsakte konnte geschlossen werden. Die ganze Geschichte, die sich hinter der Tragödie verbirgt, ist damit nicht erzählt: Das Aufeinanderprallen fremder Kulturen in einer Ehe, in der sich beide Partner trotz anfänglicher Verliebtheit kaum annähern konnten, und als Flüchtlinge in einem kalten Deutschland lebten, wo sie einander kaum wärmen konnten

Diese Geschichte wird im Film in den Interviews mit Menschen, die die Ermordete gekannt hatten, Nachbarn, Polizisten, Richter, Sozialarbeiterinnen und Mitbewohnerinnen im Frauenhaus entwickelt. Es entsteht ein Bild einer selbstbewußten Frau aus einer Hindu-Familie der höchsten Kaste, die ihren Mann in Kathmandu kennenlernt, ihm nach Deutschland folgt und ihn schließlich in Bremen nach islamischem Brauch heiratet.

Die vermutlich erste Kränkung seines Stolzes erlebt der frischgebackene Ehemann, als er in der Hochzeitsnacht kein blutiges Laken als Beweis für Nirmalas Unschuld schwenken kann. Später sperrt er Nirmala in der Wohnung im schönen Ostertorviertel ein und mißhandelt sie.

Die Autorinnen, die für das Drehbuch mit dem 1. Bremer Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet wurden, werten nicht, lassen allein Zeuginnen und Zeugen zu Wort kommen und zeigen die Orte der Ereignisse. So wird beim Zuschauen nicht vordergründige Erschütterung erzeugt, sondern ein vielschichtigeres Nachdenken darüber, welche Probleme noch vor einem multikulturellen Deutschland liegen. Warum starb Nirmala Ataie ist kein ausgesprochener Kinofilm, aber eine genau gezeichnete Studie in der Tradition des erzählendes Dokumentarfilms. jk

Uraufführungsmatinee in Anwesenheit der Filmemacherinnen, Sonntag, 15. August, 12 Uhr, Kino 3001

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