piwik no script img

Liefert Bundeswehr NVA-Lastwagen in die Türkei?

■ Im Hamburger Freihafen stehen über 50 Militärfahrzeuge zur Abholung bereit

Die Schamfrist scheint vorbei: Nach den Massakern in der kurdischen Provinzen Dyabakir und Sirnak im Frühjahr '92, wo die türkische Armee auch deutsche Militärfahrzeuge gegen die Zivilbevölkerung einsetzte, hat die Bundeswehr ihre Militärliefungen über den Hamburger Hafen mehrere Monate ausgesetzt. Jetzt stehen wieder Militär-Lkws am Schuppen 69 auf dem Grevenhofkai im Freihafen zur Verschiffung bereit – bewacht von der Wasserschutzpolizei. Höchstwahrscheinlich werden sie vom türkischen Frachter „Cas“ abgeholt werden, der heute den Kai anläuft.

Der Konvoi umfaßt 50 intakte und geländegängige LKWs sowie zwei Tieflader. Die Fahrzeuge sowjetischer Bauart der Marken „SIL“ und „Robour“ stammen aus Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) und waren von der Firma „Vebeg“, die für die Verscherbelung der NVA-Bestände zuständig ist, im Winter zum Kauf angeboten worden. Urspünglich wollte das Tönningstedter Auktionshaus „Mercator“ die Fahrzeuge übernehmen, doch der Deal platzte. Auktionator Bernd E. Schulz: „Wir haben ein Kontingent übernommen und für die UNO in die USA verschifft. Bei dem zweiten Kontingent „Uno 2“ stellte sich heraus, daß die Fahrzeuge untauglich, weil zu alt sind. Daher haben wir sie nicht übernommen.“

Die „Vebeg“ hingegen beteuert, die Lkws an das Auktionshaus abgestoßen zu haben. Ein Sprecher: „Das Geschäft ist zustande gekommen. Wenn die Fahrzeuge abgeholt worden sind, sind die auch bezahlt worden.“ Wer nun dafür verantwortlich ist, daß die tarnlackierten Ungetümer im Hamburger Hafen zur Verschiffung bereit stehen, war gestern noch unklar.

Von diesem Schuppen aus werden seit über acht Jahren in Intervallen ausrangierte Bundeswehrfahrzeuge aus dem Depot Glinde als „Militärhilfe“ für den Nato-Partner Türkei an den Bosporus verschifft. Für die Bundeswehr eine ganz „normale Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe“, zu der sie vertraglich verpflichtet sei.

Kai von Appen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen