„Hierarchie wie beim Papst“

■ UKE: Schon vor sechs Jahren wurde vor Hübener gewarnt / Staatsanwälte sollen in Klinik hospitieren   Von Sven-Michael Veit

Schon 1987 wurde eine Patientin vor den Bestrahlungsmethoden von UKE-Radiologiechef Klaus-Henning Hübener gewarnt. Das teilte gestern die Patienteninitiative mit. Der Krebspatientin Lisa W. wurde nach eigenen Angaben damals vom Chefarzt einer Klinik im hessischen Bad Hersfeld, der bei ihr die Nachbehandlung eines „schweren Strahlenschadens“ durchführte, „offen ins Gesicht gesagt“, daß dieser Schaden vermutlich von der Therapie im UKE herrühre.

1987 hatte Hübener mit seinem „unverantwortlich aggressiven“ Behandlungskonzept begonnen. Offenbar waren die Nebenwirkungen dieser Strahlentherapie, so die Patienteninitiative, „schon im ersten Jahr seines unheilvollen Wirkens weit außerhalb Hamburgs bekannt“. Umso unverständlicher sei es, daß Hübener noch bis 1990 „so weiterbestrahlen konnte, bevor er sein Konzept modifizierte“.

Auf dem Treffen der geschädigten PatientInnen vorgestern abend wurden von den 135 Anwesenden Forderungen an den Hamburger Senat formuliert. Außer der Verdreifachung der Gelder für die Patienberatung wurde die Einsetzung von hauptamtlichen Patientenfürsprechern in allen Hamburger Krabkenhäusern gefordert.

Darüberhinaus solle die Stadt den Geschädigten – analog zum Bernbeck-Skandal – eine finanzielle Unterstützung bei der Einschaltung von Rechtsanwälten gewähren und ein „neues, wesentlich verbessertes und unabhängiges“ Prüfverfahren für Patientenbeschwerden schaffen.

Wissenschaftsbehörde und UKE hatten bereits ein vereinfachtes Prüfungsverfahren für alle Patienten vereinbart, die nach Enddarmkrebs-Behandlungen im UKE bestrahlt wurden. In dieses Verfahren sollten, so die Initiative, auch verstrahlte Patientinnen aus der UKE-Frauenklinik aufgenommen werden.

In der Staatsanwaltschaft am Hamburger Landgericht hat gestern morgen das neue „Sonderdezernat Medizinschadensfälle“ mit der Arbeit begonnen. Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit hatte die Einrichtung dieses Dezernats am Mittwoch angeordnet. Nach Angaben ihres Sprechers Jürgen Weinert sind fünf Ermittler in dieses Dezernat versetzt worden, die „als fachlich besonders geeignet“ gelten. Sie sollen darüberhinaus in den nächsten Monaten „gezielt fortgebildet werden“. Zum Beispiel sei auch an „mehrwöchige Hospitationen in Krankenhäusern“ gedacht.

Bei Bedarf solle das Dezernat durch Neueinstellungen „personell verstärkt“ werden, die Schaffung dieser Stellen im nächsten Haushaltsplan der Justizbehörde sei bereits „angedacht“.

Scharfe Kritik an der Ärzteschaft nicht nur im UKE hat Dr. Frank Montgomery, Vorsitzender der Ärztevereinigung „Marburger Bund“, geübt. Eine „Hierarchie nach dem Papstprinzip“ habe es ermöglicht, daß Ärzte geschwiegen hätten, obwohl sie von den schweren Schädigungen durch die Strahlentherapie wußten, sagte Montgomery auf der NDR-Hamburg-Welle. Dort forderte auch Pastor Füllbrandt, Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG), von der Ärzteschaft „mehr Zivilcourage und einen kollegialen Stil“. Zugleich müsse alles daran gesetzt werden, „das Vertrauen der Patienten zurückzugewinnen“.

Das wird so einfach nicht sein.