: Schwarze Sheriffs?
■ Regierung kämpft gegen Kriminalität
Bonn (AP) – Die Bundesregierung hat eingestanden, daß sie der steigenden Kriminalität in Deutschland allein mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr Herr werden kann. In ihrer am Freitag veröffentlichten Antwort auf eine große Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion nennt die Regierung als wesentliche Ursache für den allein in Westdeutschland in den letzten zehn Jahren registrierten Anstieg der Kriminalität um 25 Prozent auf fünf Millionen Straftaten einen „gesamtgesellschaftlichen Werte- und Strukturwandel“. Dem könne nicht allein mit staatlichen Mitteln entgegengetreten werden.
Der SPD-Innenpolitiker Jürgen Meyer, der die Antwort gestern in Bonn vorstellte, nannte sie ein Dokument des Scheiterns der von Kohl vor elf Jahren angekündigten „geistig-moralischen Wende“. Es sei die von Kohls Regierung zu verantwortende Politik der sozialen Kälte, die maßgeblich zu den Ursachen gesellschaftlicher Verfallserscheinungen beigetragen habe.
Als eine Folge steigender Kriminalität bei sinkenden Aufklärungsquoten nannte Meyer einen Boom des privaten Sicherheitsgewerbes. Allein in Westdeutschland gebe es inzwischen 270.000 bis 280.000 „schwarze Sheriffs“ und andere Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste, aber nur 250.000 Polizisten. Der Umsatz bei Sicherheitsdienstleistungen sei von 1990 bis 1992 von 2,4 Milliarden auf 3,2 Milliarden Mark gestiegen, sagte Meyer unter Berufung auf die Regierungsantwort.
Meyer wies darauf hin, daß organisierte Kriminalität weniger als zwei Prozent der Straftaten ausmache. Damit entpuppe sich die Forderung nach einem „großen Lauschangriff“ zu ihrer Bekämpfung als Versuch der Bundesregierung, von ihrem Versagen abzulenken.
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