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Polizei „hilflos“ gegen Neonazis

■ Nach stundenlanger Irrfahrt demonstrierten 500 Neonazis unter Polizeischutz in Fulda

Fulda/Frankfurt (taz) – Trotz allergrößter Anstrengungen mußte die deutsche Polizei am Samstag abend passen. Auch der Einsatz mehrerer Hundertschaften aus Thüringen, Sachsen, Hessen und anderen Bundesländern konnte am Samstag nicht verhindern, daß rund 500 Neonazis am späten Nachmittag vor dem Dom in Fulda eine Kundgebung und eine anschließende Demonstration zu Ehren des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß abhalten konnten. Die Kundgebung war im Vorfeld von etlichen Bundesländern prophylaktisch verboten worden, darunter auch in Hessen – in Fulda sah die Polizei aber dennoch zu. Angeblich völlig von dem Auftauchen der Neonazis überrascht, sah sie sich mit nur 60 verfügbaren Beamten nicht in der Lage einzuschreiten. Während es einem ganzen Medienpulk mühelos gelang, den Konvoi der Neonazis durch Thüringen und Hessen den ganzen Samstag über zu verfolgen, will die Polizei nicht gewußt haben, wo's lang ging. Der Einsatzleiter der Polizei in Fulda, Günther Voß, behauptete am Samstag abend vor der Presse, er sei „vom Autowaschen weg“ zum Einsatz geholt worden. Die Fuldaer Polizei sei in eine „unverschuldete Hilflosigkeit“ geraten. Nach Interpretation von Voß habe es sich darüber hinaus um eine „spontane Versammlung“ gehandelt, die nicht hätte aufgelöst werden dürfen – eine Rechtsauffassung, die von der Polizei sonst nicht vertreten wird. Ihm und seinen Leuten seien auch keine nazistischen Symbole aufgefallen, die ihn zum Einschreiten gezwungen hätten. Jeder Fernsehzuschauer war da besser informiert: die FAP-Flaggen waren unübersehbar.

„Die Polizei hätte die Möglichkeit gehabt, die Kundgebung nach Beginn der Veranstaltung aufzulösen“, räumte gestern die stellvertretende Sprecherin des hessischen Innenministeriums, Mechthild Brenner, gegenüber der taz auch ein. Darauf habe man jedoch verzichtet, weil man erfahren habe, daß ein Konvoi von GegendemonstrantInnen nach Fulda unterwegs sei und man verhindern wollte, daß die beiden Gruppen aufeinandertreffen. „Dies hätte eine gefährliche Situation ergeben können“, so die Sprecherin. Sie bezeichnete den Einsatz als Erfolg, weil das Hauptziel der Polizei, die beiden Gruppen auseinanderzuhalten, erreicht worden sei. Auf die Frage, ob es nicht mißlich sei, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden sei, daß RechtsextremistInnen quasi unter polizeilichem Schutz eine Kundgebung abhalten konnten, räumte sie ein: „Natürlich finden wir das mißlich.“ – Doch selbst wenn man die Kundgebung hätte verhindern wollen, man hätte es nicht gekonnt. Wie der Einsatzleiter am Samstag abend erklärte, wären seine 60 eingesetzten Beamten dazu gar nicht in der Lage gewesen. Während 60 Beamte auf dem Fuldaer Domplatz 500 Rechtsradikalen gegenüberstanden, waren 150 Beamte damit beschäftigt, den Konvoi von GegendemonstrantInnenen an der Autobahnausfahrt abzufangen.

Warum es nicht ebenso möglich war, den Rechtsradikalen von der Autobahn aus den Weg in die Fuldaer Innenstadt zu verwehren ist völlig ungeklärt. Ein „Bundesweites antifaschistisches Koordinationsbündnis“ warf der Polizeiführung deshalb vor, die Kundgebung bewußt nicht verhindert zu haben. Der Bundesvorstand von Bündnis90/Grüne forderte am Sonntag den Rücktritt des Polizeichefs von Fulda. Siehe auch Seiten 4 und 10

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