Strich und Verkehr

■ Sozialstrukturanalyse für Hamm-Süd

Statistik kann deprimieren. Beispiel: Die gestern vorgestellte Sozialstrukturanalyse des Stadtteils Hamm-Süd. Die Einkommen der Bewohner liegen weit unter dem Hamburger Durchschnitt. Es gibt keine Altentagesstätte, keine Apotheke, nur einen Arzt und nur eine Kindertagesstätte. Auch Freizeiteinrichtungen sucht man vergebens – das bei über 8000 Bewohnern. Dafür gibt's aber viel Lärm durch Lastwagen, einen Straßenstrich und stinkende Fabriken.

„Hamm ist ein vergessener Stadtteil – eine Art Insel. Frauen müssen teilweise aus ökonomischer Not arbeiten, gerade dann ist es katastrophal, wenn beispielsweise keine Kindergärten da sind“, so Soziologie-Professor Jens Dangschat. Das Stadtteilarchiv Hamm hatte die Analyse aus aktuellem Anlaß in Auftrag gegeben: Zur Zeit findet wegen der geplanten Neubebeauung Hamms in Hamburg das sogenannte Stadt-Entwicklungs-Forum statt, bei dem 36 Architekten, Stadt- und Landschaftsplaner ihre Ideen vorstellen. Hammerbrook und Hamm sind für sie ein besonderes Bonbon, denn die Stadtteile sind citynah und werden zudem noch von idyllischen Kanälen und der „Bille“ durchkreuzt.

Dangschat befürchtet, daß dort nur repräsentative Ideen vorgestellt werden, um damit bei Politikern anzukommen. Er glaubt, daß deswegen später am Bedarf vorbei gebaut werden könnte und fordert, mehr auf die Bedürfnisse der Bewohner einzugehen: „Die Planer sind alles Architekten, als ginge es nur um Häuser und Gebäude und nicht um Menschen. Was wir brauchen, ist eine Nutzungsmischung. Wohnung und Arbeit müssen etwas miteinander zu tun haben.“ Was zur Zeit meist nicht der Fall ist: Die in Hamm häufig anzutreffenden Speditionen bieten nur wenigen Menschen Arbeit, belasten aber die Straßen überdurchschnittlich stark.

Hinzu kommt wegen des nur unzureichenden Angebots an sozialen und öffentlichen Einrichtungen eine Vereinsamung der Alten und die Abwanderung der Jugendlichen in andere Stadtteile sowie eine Zunahme sozialer Probleme. Lutz Mättig, Verfasser der Sozialstrukturanalyse, fordert daher vertiefende Untersuchungen in den genannten Problembereichen. Am kommenden Mittwoch soll die Analyse auf einer Stadtteilkonferenz des Entwicklungsforums vorgestellt werden.

Andrew Ruch