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Kaum Mehreinnahmen in Bremens Kindergärten

■ Weniger Kinder aufgenommen als vorgesehen / Kostendeckung nur gering gestiegen / Neue Struktur bleibt

Die neuen Gebühren für die öffentlichen Kindergärten haben für das Sozialressort keine spürbare Einnahmeverbesserung gebracht. Das erklärte gestern Senatorin Irmgrad Gaertner (SPD) vor der Bremer Stadtbürgerschaft. Trotzdem will die Koaltion an der neuen Gebührenstruktur festhalten, die mit Beginn des Kindergartenjahres 1992/93 eingeführt wurde: Einen Antrag der CDU, alles auf den alten Stand zurückzuschrauben, lehnten die Parlamentarier von SPD, FDP und Grünen gestern ab.

Gaertner machte keinen Hehl daraus, daß auf der Einnahmenseite „das Ziel der Klasse nicht erreicht“ wurde. „Wir haben nicht damit gerechnet, wie wenig Einkommen bei den Anträgen eingebracht worden ist.“ Die Tendenz: Die Zahl der Mindestbeitragzahler hat sich deutlich erhöht, die Zahl der Höchstbeitragszahler dagegen nur minimal.

2,5 Mio. Mark Mehreinnahmen sollten es werden, 580.000 Mark sind es voraussichtlich im Kindergartenjahr 1992/93 geworden. Davon gehen dann noch einmal 4,5 Personalstellen ab (laut CDU ca. 350.000 Mark) für die, die jetzt in der Behörde die Beiträge berechnen. Ursache laut „Erfahrungsbericht“ des Senats: „Im Kindergartenjahr 1992/93 (konnten) nicht wie geplant 750 Kinder im Vergleich zum Kindergartenjahr 1990/91 zusätzlich aufgenommen werden..., sondern nur 414.“ Erfolgsbilanz der neuen Berechnungssystems: Der Kostendeckungsgrad kletterte von 11,4 auf 11,8 %, allein durch die Veränderung der Gruppenstruktur in den Kindertagesstätten konnten drei Prozent mehr Kinder aufgenommen werden ohne Mehrausgaben für die Behörden.

3.000 Absagen hat es für das neue Kindergartenjahr gegeben, 2.500 bei den drei- bis sechsjährigen, 500 im Hortbereich. Der Fehlbedarf für die für 1995 anvisierte Versorgung von 90% der drei- bis sechsjährigen Kinder: 1.690 Plätze. Für Hortkinder fehlen derzeit noch 758 Plätze, um eine 15prozentige Versorgung zu gewährleisten. Das Schwangeren- und Familienhilfe-Gesetz, das bundesweit 1996 in Kraft tritt, sieht sogar eine Versorgung von 95% der drei- bis sechsjährigen vor.

Silke Striezel von der CDU kritiserte, daß die neue Struktur in den Kindertagesheimen kaum angenommen würde. Ganztagsplätze seien in Halbtags- und Teilzeitplätze umgewandelt worden, die aber nicht nachgefragt würden. Sie wollte deshalb zurück zum alten System, nach dem die Gebühren in den Kindergärtenberechnet worden sind.

Dagegn verwahrte sich Barbara Wulff (SPD). Nur 15 Widersprüche habe es gegen die neuen Beitragssätze gegeben, erklärte die Sozialdemokratin, eine Quote von 0,2% der Anträge. Für die SPD hat sich das neue System bewährt, jedoch fehlen den Sozis die Mehreinnahmen durch die Neuberechnung. Jetzt müsse man überlegen, ob Geschwisterkinder weiter Ermäßigungen bekommen sollten. Das gleich gelte auch für die sog. Karenzkinder: Das sind die Kinder, die für den Kindergarten zu alt sind, aber für die Schule noch nicht reif genug.

Annegret Pautzke von der FDP plädierte für eine Überprüfung der Mindesgebühren. Ihr schwebt eine Kostendeckung von 15% vor, außerdem soll die Betreuung weiter „flexibilisiert“ werden. Soll heißen: Mehr Teilzeit- und Halbtagsangebote in den öffentlichen Kindergärten. „Das ist mit uns nicht zu machen“, erklärte die grüne Abgeordnete Maria Spieker. Sie wollte eine abschließende Bewertung des neuen Gebührensystems noch nicht vornehmen. Sie erklärte den Abgeordneten, daß man nicht immer nur auf die Kostendeckung schielen sollte, wenn es um die Versorgung der Kinder im Land gehe. „Kinderbetreuung kann auch ein Standortfaktor sein, mit dem man werben kann.“ mad

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