: „Ich stecke für ihn die Hand ins Feuer“
Die Mutter des mutmaßlichen Brandtsifters von Mölln, Michael Peters, glaubt nicht an die Schuld ihres Sohnes, stellt aber mit ihrer Aussage vor Gereicht sein Alibi in Frage ■ Aus Schleswig Kersten Kampe
Klein und gebeugt betrat die Mutter von Michael Peters, einem der beiden mutmaßlichen Täter von Mölln, am Donnerstag den Gerichtssaal. Ihren Sohn schaute sie zuerst nicht an, während der 26jährige seine Mutter mit seinen Blicken verfolgte. Bei den Brandanschlägen Ende November vergangenen Jahres waren die 51jährige Bahide Arslan, die zehnjährige Yeliz und die 14jährige Ayse Yilmaz ums Leben gekommen. Seit Mitte Mai müssen sich Peters und der 20jährige Lars Christiansen wegen Mordes, versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten.
Ilse Peters glaubt auch heute noch nicht, daß ihr Sohn dabei gewesen ist, „ich stecke für ihn meine Hand ins Feuer“. Dennoch korrigierte sie vor dem Zweiten Strafsenat des Oberlandesgerichts in Schleswig ihre Polizeiaussage und zog damit das Alibi des Angeklagten in Zweifel. Vor der Polizei hatte die 48jährige angegeben, daß sie ihren Jungen gegen 20.30 Uhr in Gudow abgeholt und bis zwei Uhr in der Nacht mit ihm Schach gespielt hatte. Die Anschläge waren gegen 0.30 Uhr verübt worden. Im Gerichtssaal konnte sie sich nicht mehr an die Uhrzeiten erinnern. „Ich habe immer wieder über die Zeit gegrübelt, ich weiß es nicht mehr, es tut mir leid“, sagte Ilse Peters mit schnippischem Unterton. Jeder Versuch des Vorsitzenden Richters, den Zeitraum einzugrenzen, scheitert an Angaben wie „über der Uhr war ein Tuch, ich hatte damals noch keine Armbanduhr, ich hab mich auch schon mal verguckt und bin eine Stunde früher als nötig aufgestanden“. Auf die Feststellung des Richters, dann sei doch das, was sie zuerst gesagt habe, eindeutig falsch, reagiert sie nicht.
Sie weiß lediglich noch, daß sie schon im „Schlafzeug“ war, als Michael Peters sie angerufen hatte, und schätzt grob, daß sie eine halbe bis dreiviertel Stunde nach ihrem Verlobten ins Bett gegangen sei. Dieser blieb im Gericht bei seiner Aussage, daß dies etwa zwischen 23 und 23.30 Uhr gewesen sei. Auch ob Michael Peters dann die Wohnung noch verlassen habe, wisse sie nicht, und erklärte weiter, „er hätte meinen Schlüsselbund nehmen können und auch das Auto“. Gehört hätte sie so oder so nichts, weil sie einen tiefen Schlaf habe. Am Morgen als sie aufgestanden war, habe Michael auf der Couch geschlafen. Mit jeder weiteren Frage über das Geschehen in der Nacht von Staatsanwälten, Nebenklage und Verteidigern reagiert sie zunehmender gereizt und aggressiv. Die Antwort auf die Frage des Vertreters der Bundesanwaltschaft, ob sie Michael Peters in der Nacht nach Mölln gefahren habe, verweigert sie. Erst als ihr Sohn sie fragt, antwortet sie mit einem deutlichen, lauten „Nein, Michael“.
Liebevoll und zärtlich klingt ihre Stimme, als sie das Verhältnis zu ihrem Sohn beschreibt. „Wir kamen sehr, sehr gut zurecht. Ich habe ihn immer gern um mich gehabt. Michael war mir sehr wichtig.“ Dennoch habe sie mit ihm auch geschimpft; wegen der kurzen Haare und der „komischen Stiefel, mit denen er immer durch die Gegend gerannt“ sei. „Davon kriegt man Schweißfüße, und die hat er auch gehörig gekriegt.“
Auch über politische Themen haben sich Mutter und Sohn unterhalten. „Die Ausländer überrennen uns schon. Es gibt ja schon mehr Ausländer als Deutsche“, gibt Ilse Peters im Gerichtssaal ihre Meinung preis. Und sie schildert dem Gericht, wie Ausländer bei der Wohnungssuche ihrer Tochter bevorzugt wurden. Jeder dürfe doch sagen, was er denke, aber es müsse doch nicht gleich Mord und Totschlag sein, sagt sie. Heftig weist sie aber Vorhalte aus anderen Zeugenaussagen zurück, sie unterstütze Aktionen wie Anschläge auf Asylbewerberheime. „Sowas hätte ich nie gesagt.“ Doch wenn ihr Sohn mit dem Hitler- Gruß grüßte, habe sie das als Jux und Dollerei empfunden. Es gibt sogar ein Foto davon, daß ihren Jungen in Badehose zeigt, erzählt sie fast stolz.
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