Niederlage für Izetbegović

Neuer Bosnien-Plan von Karadžić und Boban begrüßt  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Die Genfer Bosnien-Verhandlungen sind gestern zunächst abgebrochen worden. Bis zum 30. August sollen Präsident Izetbegović, Serbenführer Karadžić und Kroatenchef Boban die Zustimmung des bosnischen Parlaments bzw. ihrer Volksgruppen zu einem Gesamtabkommen für Bosnien einholen, das ihnen die beiden Vermittler Owen und Stoltenberg gestern vorlegten.

Gelingt ihnen das, soll am 30. August in Genf lediglich noch eine Unterzeichnungszeremonie stattfinden. Was geschieht, wenn eine oder mehrere Seiten mit einem „Nein“ oder mit neuen Forderungen und Bedingungen nach Genf zurückkehren, war gestern zunächst völlig unklar. Eine Wiederaufnahme der Verhandlungen wird von den meisten Beobachtern der Genfer Konferenz derzeit für wenig wahrscheinlich gehalten.

Das von Owen und Stoltenberg vorgelegte Gesamtabkommen enthält neben den im Grundsatz bereits am 30.Juli vereinbarten Verfassungsprinzipien für die „Union“ dreier ethnischer Teilrepubliken sowie dem ebenfalls vereinbarten Dokument über die schrittweise Entmilitarisierung des Landes auch einen Vorschlag für die Grenzziehung zwischen diesen Republiken. Dieser kommt den Vorstellungen der Serben und Kroaten zumindest soweit entgegen, daß Karadžić und Boban sowie die Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Milošević und Tudjman, bereits gestern am Genfer Verhandlungstisch ihre Zustimmung signalisierten und zusagten, das ganze Paket ihren Volksgruppen bzw. selbsternannten Parlamenten zur Annahme zu empfehlen.

Präsident Izetbegović hingegen schwieg sich am Verhandlungstisch aus und erklärte sich lediglich bereit, das Abkommen dem bosnischen Parlament vorzulegen. Innerhalb seiner Delegation gibt es massive Bedenken gegen den Vorschlag der beiden Vermittler für die Grenzziehung zwischen den drei Teilrepubliken. Die Karte, die gestern zunächst noch nicht veröffentlicht wurde, entspricht in den wesentlichen Punkten der bereits in der gestrigen taz geschilderten Aufteilung des Landes: Die bosnisch-muslimische Teilrepublik erhält direkten Zugang zum Save- Fluß im Norden und kann den Save-Hafen bei Brčko mitbenutzen. 50 Prozent der Stadt sollen auf dem Territorium dieser Teilrepublik liegen, die andere Hälfe zur serbischen Teilrepublik gehören. Ostbosnien mit den muslimischen Enklaven Goražde, Srebenica und Žepa gehört nicht – wie in der von Präsident Izetbegović Anfang dieser Woche vorgelegten Karte verlangt – bis zum Grenzfluß mit Serbien, der Drina, zur bosnisch-muslimischen Teilrepublik. Statt dessen erhält die bosnisch-muslimische Republik ledliglich einen breiten Landstreifen, der Srebenica, Žepa, Goražde und Sarajevo miteinander verbindet. Die Stadt Mostar wird zwichen Kroaten und Muslimen geteilt – allerdings nicht, wie von Izetbegović zuletzt verlangt, entlang des Nevreta- Flusses. Statt dessen sollen die Muslime einige südöstliche und östliche Vororte erhalten sowie gemeinsame Kontrolle mit den Kroaten über den Flughafen.

Die eigentliche Stadt Mostar läge damit auf dem Territorium der künftigen kroatischen Teilrepublik von Boban, deren Hauptstadt sie werden soll. Statt durch einen von Izetbegović verlangten direkten Landzugang wird die bosnisch-muslimische Republik lediglich durch einen Korridor zum Hafen Ploče mit der Adria verbunden sein. Zudem soll es eine für alle nutzbare, international überwachte Straße nach Nema geben.

Zahlreiche Mitglieder der Delegation von Präsident Izetbegović rechneten daher gestern mit einer Ablehnung des Aufteilungsvorschlages durch das bosnische Parlament. Dann werde der Präsident zurücktreten.

Keine Nato-Luftangriffe?

Washington (AP) – Der US- Botschafter bei der Nato, Robert Hunter, hat als Frist für mögliche Militärschläge der Allianz gegen serbische Stellungen in Bosnien den Einbruch des Winters genannt. „Die Logik gebietet uns, das Verhalten der Serben in der verbleibenden Zeit, bis das Wetter das menschliche Leiden verschlimmert, sehr genau zu beobachten“, sagte Hunter am Donnerstag in Washington.