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Mit wechselnder Mehrheit zum Lauschangriff

■ Union droht die FDP mit Hilfe der SPD zu überstimmen

Bonn (dpa/taz) – Großer Lauschangriff? Kleiner Lauschangriff? Die Bonner Kampfbereitschaft gegen die Organisierte Kriminalität ist gestern erst einmal wieder auf die Regierungskoalition durchgeschlagen. Angeregt durch einen Bericht der Frankfurter Rundschau, wonach im FDP- geführten Justizministerium ein Vorschlag kursiere, der Abhörmaßnahmen lediglich gegen Geschäftsräume, nicht aber Wohnungen verdächtiger Personen vorsieht, hielten gestern die Großen Lauschangreifer aus der Union dagegen: Für die Drahtzieher des organisierten Verbrechens dürfe es keine „fahndungsfreien Zonen“ geben. Wenn nur Geschäftsräume, nicht aber Wohnungen abgehört werden dürften, sei dies, „als ob einem Sonderdezernat ein neues Dienstfahrrad genehmigt wird“, erklärte der stellvertretende CDU/CSU- Fraktionsvorsitzende Johannes Gerster in Bonn. Der rechtspolitische Sprecher der Union, Norbert Geis, nannte die Vorstellungen der FDP „Unsinn“. Gerster kündigte an, die Union werde ihre Vorstellungen auch gegen die FDP – und mit den Sozialdemokraten durchsetzen. Begründung: „Der kleine Koalitionspartner ist uns lieb und teuer“, doch in dieser Frage könne die FDP nicht das letzte Wort haben.

Dem widersprach FDP-Chef Klaus Kinkel. Er warf der Union eine „absurde“ Diskussion vor. Die Möglichkeit, Privatwohnungen abzuhören, werde zum Schlüsselinstrument der Kriminalitätsbekämpfung hochstilisiert.

Auf den Koalitionsstreit eingestimmt hatte sich zuvor die Union auf einem „Fachkongreß zur Inneren Sicherheit“ in Bonn. Ergebnis: Der wachsenden Kriminalität soll mit schärferen Gesetzen, schnellerer Strafverfolgung, mehr Polizeipräsenz, verdeckten Ermittlern und Bürgerwehren begegnet werden. Bundesinnenminister Manfred Kanther, mehrere CDU-Minister aus den Ländern und die Innenexperten der Unions-Fraktionen sprachen sich auf dem Kongreß auch dafür aus, beim Kampf gegen organisierte Banden die Zusammenarbeit von Geheimdiensten und Polizei enger zu verzahnen. Beamten, die als verdeckte Ermittler eingeschleust werden, sollten künftig auch „milieubedingte Straftaten“ begehen dürfen. Zudem müsse der Strafrahmen für Gewaltdelikte aller Art deutlich angehoben werden und Untersuchungshaft generell angeordnet werden können.

Angesichts dieses sicherheitspolitischen Trommelfeuers ließ die SPD gestern noch die von Gerster erhoffte Kooperationsbereitschaft vermissen. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Herta Däubler-Gmelin kritisierte die Forderungen Kanthers und der Union nach schärferen Gesetzen. „Ich bin dagegen, bei den Menschen die Illusion aufrechtzuerhalten, daß immer mehr und härtere Strafen die Sicherheit erhöhen.“ Lieber solle die Union „endlich strengere Maßnahmen gegen die Geldwäsche ergreifen“. Allerdings gebe es bei den Forderungen des Innenministers „einige Punkte, über die man reden“ könne. eis

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