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Nichts dergleichen beklagt

■ Betr.: "Rasse, Gene, Progresseion" (Zur Wiederkehr des biologistischen Paradigmas), taz vom 10.8.93

betr.: „Rasse, Gene, Progression“ (Zur Wiederkehr des biologistischen Paradigmas),

taz vom 10.8.93

[...] 1. Ansén behauptet, Türcke habe „die Nivellierung der... ,Rasseeigenschaften‘ durch den Weltmarkt beklagt“. Tatsächlich hat Türcke in konkret (8/93) nichts dergleichen „beklagt“. Er hat beschrieben, wie das den kapitalistischen Weltmarkt bestimmende Wirtschaftsgesetz dadurch „rassenauflösend“ wirke, daß vor ihm bloß zähle, was ein Mensch zu Markte zu tragen hat. Türcke schreibt, daß der Weltmarkt – mittels des Wertgesetzes – „die Fremdheit unter den Menschen beseitigt“ habe und daß dennoch – in Gestalt des Konkurrenten – „die Fremdheit überall lauert“, um dann an „überkommenen Gestalten des Fremden...: fremde Hautfarbe, Sprache, Umgangsform, Religion“ dingfest gemacht zu werden. – Der Unterschied zwischen „beklagen“ und „feststellen“ ist in diesem Fall ein Unterschied ums Ganze: nämlich der zwischen reaktionärer Sehnsucht nach vorkapitalistischen Zuständen und marxistischer Analyse.

2. Über Hermann L. Gremlizas Kommentar zu Türckes Artikel schreibt der Autor der taz, Gremliza deklariere „den Text als Dokument zur Verteidigung von Differenz“. Ansén stellt die rhetorische Frage: „Was sollte denn Rassismus sonst sein, wenn nicht die ,Verteidigung‘ der Differenz zwischen den ,Rassen‘?“ Freilich konnte Gremliza sowenig wie jeder andere eine „Differenz zwischen den ,Rassen‘“ „verteidigen“ – die existiert entweder, oder sie existiert nicht. Gremliza schreibt: „Wer den Beweis physischer, psychischer und geistiger Gleichheit braucht, um den Anspruch auf soziale, rechtliche und politische Gleichheit zu behaupten, setzt bei tatsächlich erwiesener oder erfolgreich propagierter Ungleichheit auch soziale, rechtliche und politische Ungleichheit: Unterdrückung, Verfolgung ungewollt ins Recht.“ – Die „Rückbindung von Politik an Natur“, die Ansén unterstellt, ist also – wenn auch in ihrer spiegelverkehrten „antirassistischen“ Form – gerade der Gegenstand von Gremlizas Kritik. Boris Gröndahl,

„konkret“-Redaktion, Hamburg

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