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So funktioniert's nicht

■ Betr.: "Mit dem Amazonas auf du und du - Gegen die Cholera", taz vom 10.8.93

betr.: „Mit dem Amazonas auf du und du – Gegen die Cholera“, taz vom 10.8.93

Die unkommentierte Wiedergabe von Willy Hoss' Slogan, mit 30 DM könne man in Amazonien Menschenleben retten, nun auch in der taz, hat mich doch befremdet. [...] Ehrlich, so funktioniert's nicht, das hatte sich doch auch schon mal in der taz rumgesprochen, oder? Vielmehr gilt, daß in Amazonien, wie überall, Menschen leben, die in tausendundeinem Alltagskampf sich und ihr Leben selbst organisieren und damit Widerstand gegen die politischen und strukturellen Benachteiligungen im Rahmen der Welt(un)ordnung leisten, wobei unsere umfassende Unterstützung gefragt ist, und das nicht nur mit einem bescheidenen (Absolutions-)Scheckchen.

Im brasilianischen Bundesstaat Pará gibt es Dutzende städtische, ländliche, kleinbäuerliche soziale Bewegungen, die sowohl an der umfassenden Verbesserung der Lebensbedingungen Marginalisierter arbeiten als auch Aufklärungsarbeit über politische Rahmenbedingungen und mögliche, zum Teil ganz praktische Lösungswege im In- und Ausland leisten. So haben sich, um nur ein Beispiel zu nennen, Ende März 88 Selbsthilfeorganisationen zum „Forum Amazonia Oriental – FAOR“ zusammengeschlossen. Die etwa 200 TeilnehmerInnen haben in der dreitägigen Konferenz in diversen AGs Konzepte für alternative Stadtplanung, ländliche Entwicklung, Frauen- und IndianerInnenpolitik angedacht, die in der Folge der Landesregierung unterbreitet und zu Förderprojekten für Marginalisierte ausgearbeitet werden – die übrigens auch Unterstützung durch deutsche Organisationen erfahren, wenn dies der Blickwinkel ist, den die taz zur Berichterstattung wünscht.

[...] Personell und technisch steht das von Euch vorgestellte Projekt des Willy Hoss in engem Zusammenhang mit dem von Daimler-Benz mitfinanzierten, und daher von der Interessenlage her nicht unumstrittenen, Projekt POEMA (pobreza e meio ambiente = Armut und Umwelt), was Ihr mit keinem Wort erwähnt. Auch inhaltlich habe ich gewichtige Zweifel an der vordringlichen Gewichtigkeit des genannten Projektes zur Trinkwasseraufbereitung. Viele Menschen im ländlichen Pará – und als landwirtschaftliche Beraterin komme ich durch manche Gemeinde – setzen ihrem Trinkwasser in fünf Liter fassenden Tonkrügen drei Tropfen „que boa“ zu, ein chlorithaltiges Reinigungsmittel – dessen Kosten wohl noch unter den von Hoss veranschlagten 18 Dollar pro Kopf liegen dürfte. Ärzte halten dieses Verfahren auch langfristig für unbedenklich, die Erfahrungen der NutzerInnen sind durchweg positiv, Durchfallerkrankungen sind in diesen Familien extrem zurückgegangen.

[...] Von vielen wird die zweifelhaftige Nachhaltigkeit des Projektansatzes gesehen, die Frage also, wie lange die ortsunübliche, den lokalen Technikern wenig vertraute High-Tech-anmutende Gerätschaft den Gemeinden von Nutzen sein wird. Ursula Danzer,

Capanema/PA, Brasilien

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