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Staatseinkauf Ost

■ Die Bundesministerien kaufen immer mehr in Ostdeutschland

Berlin/Bonn (taz/dpa) – Die Bundesregierung kauft immer mehr im Osten. Die Ministerien haben im ersten Halbjahr 1993 Aufträge für gut sechs Millarden Mark an Unternehmen in den neuen Bundesländern vergeben. Das sei „eine beträchtliche Steigerung“ gegenüber dem Gesamtjahr 1992 und annähernd 20 Prozent der gesamten Auftragsvergabe der Ministerien, heißt es in dem gestern vom Wirtschaftsministerium im Kabinett vorgelegten Bericht.

Das Kabinett beschloß, die Vorzugsregelungen für ostdeutsche Anbieter bis Ende 1995 zu verlängern. Bei Aufträgen bis zu 100.000 Mark dürfen ostdeutsche Firmen damit auch dann den Zuschlag bekommen, wenn ihre Preise bis zu fünf Prozent höher sind als die der westdeutschen Konkurrenz. Bei Großaufträgen können sie ihre Preise nachträglich auf das günstigste Angebot eines westdeutschen Mitbieters zurücknehmen, um den Zuschlag zu erhalten.

Die Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen hben die Ostunternehmen auch bitter nötig, denn die privaten Unternehmer formulieren gerne Investitions- und Einkaufsinitiativen, halten diese aber nicht unbedingt ein. So sind die Unternehmensinvestitionen in Ostdeutschland nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) deutlich geringer als noch zu Jahresbeginn geplant. Die Rezession in Westdeutschland wirke sich auch in den neuen Ländern aus, hieß es zur Entschuldigung. Aber auch der zwischenzeitliche Konkurs von Treuhandunternehmen hinterlasse seine Spuren, erklärte der DIHT gestern in Bonn. Investitionen in Höhe von 10 bis 30 Millionen Mark könnten deshalb nicht mehr realisiert werden. Insgesamt werden die Investitionen im Bereich der Treuhandanstalt etwa ein Viertel niedriger sein als im Vorjahr, so das Ergebnis der jüngsten DIHT-Umfrage.

Vor allem Investitionsgüter produzierende Betriebe stoppten geplante Investitionen. Dagegen floriere die Bauwirtschaft. Sie habe ihre Investitionen im ersten Halbjahr 1993 um 30 Prozent gesteigert und liege damit an der Spitze aller Branchen.

Unter den Ministerien tat sich besonders das für Verteidigung beim Einkauf Ost hervor: In diesem Jahr seien bereits Aufträge über 551 Millionen Mark in die neuen Länder vergeben worden. Neben hohen Bauaufträgen seien auch die Bezüge von Waren und Dienstleistungen aus den neuen Ländern von fünf auf über neun Prozent gestiegen. Das betreffe unter anderem Wasserfahrzeuge, Mineralölerzeugnisse, Büromaschinen, Verpflegung und Bekleidung. Darüber hinaus würden Aufträge zur Entsorgung von NVA-Material an Unternehmen aus den neuen Ländern vergeben.

Der Aufbau in den neuen Bundesländern wird nach Einschätzung von Bundeskanzler Helmut Kohl auch künftig durch umfangreiche finanzielle Transfers aus dem Westen gestützt werden müssen. Denn, so die Kanzler-Erkenntnis: „Trotz aller positiver Wachstumsaussichten hat ein selbsttragender wirtschaftlicher Aufschwung in den neuen Bundesländern noch nicht eingesetzt.“

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