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Holzmänner auf verlorenem Posten

■ „Vier Männer auf Bojen“ von Stephan Balkenhol beleben Hamburger Gewässer

„Da ist ein Mann in Not, mitten auf der Themse!“: Immer wieder kamen Anrufe bei der Londoner Polizei, so daß Stephan Balkenhol seine 1991 anläßlich der Ausstellung „Double Take“ im Fluß installierte Figur nach drei Wochen abbaute. Doch solche Vorgeschichte kann Künstler und Kulturbehörde nicht schrecken, mit den „vier Männern auf Bojen“ das in diesem Jahr größte Projekt von „Kunst im öffentlichen Raum“ zu starten.

Das speziell für die hiesige Geographie erweiterte Konzept des Bildhauers hat in der Einbeziehung und Verbindung der Hamburger Wasserflächen (Teich, See, Fluß, Strom) seinen besonderen Reiz. Auf dem Billeteich Serrahn in Bergedorf und auf der Außenalster ist es noch vergleichsweise einfach, eine Boje mit einem lebensgroßen Holzmann zu plazieren. Auf Unter- und Süderelbe sind die Flachwassertonnen als „besondere Zeichen“ und Schiffahrtshindernis aber mit den Nautikern und Technikern des Strom- und Hafenbaus zu koordinieren und in alle See- und Wasserstraßenkarten einzuzeichnen. Ohne die Hilfe der seit historischen Zeiten mit besonderen Rechten ausgestatteten Behörde, sind die über sieben Tonnen schweren Bojen auch schon technisch nicht zu installieren und zu warten.

Am Freitag vormittag fanden sich Krahnprahm, Arbeits- und Führungsschiff der Stagmeisterei vor Övelgönne ein und setzten die erste Kunstboje. Das Signal gab Kultursenatorin Christina Weiß mit einer roten Hafenflagge von der Senatsbarkasse, auf der auch Wirtschaftssenator Hans-Jürgen Krupp, etliche Behördenvertreter und die Presse die Aktion nahe der roten FahrwasserbegrenzungsleuchttoneNummer 134 begutachteten.

Die aus je einem Eichenstamm grob und schnell gehauenen Figuren sind mit Künstlerölfarbe unspektakulär bemalt und stellen eine unbestimmte Person auf ihren Sockel. Gerade in ihrer unauffälligen Selbstverständlichkeit sind diese Figuren an ihrem speziellen Ort irritierend und für Interpretationen offen. Obwohl ihnen gleich an Bord vor Ort der Titel „Wächter im Strom“ verliehen wurde, sind die Männer weder Porträt noch Allegorie, sondern einfach verlorene Personen in einer an Land kaum je mehr möglichen Distanz im Raum. Frauen seien nicht in Frage gekommen, hieß es, sie brächten nach traditioneller Seefahrer-Meinung außer als Gallionsfigur eher Unglück.

Der 36jährige Stephan Balkenhol studierte beim Steinplastiker Ulrich Rückriem an der HfbK, war 1986 Hamburg-Stipendiat und wurde als einer der wichtigsten aktuellen Bildhauer Deutschlands selbst mit Lehrauftrag an seine ehemalige Schule am Lerchenfeld gerufen. Inzwischen unterrichtet der gebürtige Hesse an der Akademie in Karlsruhe, fühlt sich aber nach wie vor Hamburg besonders verbunden. Hajo Schiff

Weitere Tonnensetzungen: heute, 12.30-13.30 Uhr Süderelbe östlich der Harburger Elbbrücken; morgen vormittag auf dem Serrahn in Bergedorf, und Mittwoch gegen 12.30-13 Uhr auf der Außenalster nahe der Gurlittinsel vor St.Georg

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