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Gegen braune Soße aus dem Äther

■ IG Medien-Protest beim NDR wegen rechter Wahlwerbung / Erster DVU-Spot ging gestern auf Sendung     Von Magda Schneider

Unter dem Motto: „Keine rassistischen Wahlspots“ haben gestern abend vor dem Hamburger Funkhaus des Norddeutschen Rundfunks (NDR) 100 GewerkschafterInnen demonstriert. Zu der Kundgebung hatte die IG Medien aufgerufen, die damit den 450 NDR-MitarbeiterInnen den Rücken stärken wollte, die per Unterschrift angekündigt haben, die Ausstrahlung rechter Spots zu boykottieren. Gestern abend um 17.45 Uhr jagte die NDR-Hamburg Welle die erste DVU-Sendung über den Äther.

Im Verlauf der Kundgebung bekräftigten mehrere RednerInnen, die Ausstrahlung von NL-, DVU- und Rep-Spots verhindern zu wollen. Nach Auffassung der NDR-Mitarbeiterin Astrid Diekmann-Schrader, die bereits vor zwei Jahren die Ausstrahlung einer Wahlwerbesendung boykottiert und dafür eine Abmahnung kassierte hatte, könne es nicht zugelassen werden, daß die „braune Soße“ - trotz Gerichtsurteilen - gesendet werde.

Der Schauspieler Rolf Becker begrüßte den Vorschlag von NDR-Intendant Jobst Plog, den Paragraph 15, Absatz 1, aus dem Staatsvertrag zu streichen (siehe Kasten), der den öfffentlich-rechtlichen Rundfunk zur Sendung von Wahlwerbung verpflichtet. Becker: „Diesen Ansatz von Jobst Plog unterstützen wir. Wir stehen dem gleichen Gegner gegenüber.“ Scharf kritisierte Becker aber zugleich, daß die Abmahnung gegen Astrid Dieckmann-Schrader bis heute nicht zurückgenommen worden sei und daß Plog aktuell den Wahlspot-Boykotteuren wegen Arbeitsverweigerung nicht nur mit Abmahnungen, sondern sogar mit fristlosen Kündigungen gedroht habe. Becker kündigte dagegen gewerkschaftlichen Widerstand an.

NDR-Sprecherin Dagmar Reim bezeichnete die Ängste vor fristlosen Entlassungen als „völligen Quatsch“. Reim: „Jeder Mitarbeiter, der sich weigert, riskiert eine Abmahnung. Eine Abmahnung ist aber keine Kündigung.“ Da der NDR kein Interesse daran habe, daß der Konflikt „eskaliert“, werde auch niemand gezwungen, gegen seine Überzeugung rechte Wahlspots zu senden. Reim: „Wer weiß, daß so etwas auf ihn zukommt, soll mit seinem Vorgesetzen reden, so daß er rechtzeitig umgesetzt werden kann und eine derartige Arbeit nicht verrichten muß.“

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