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Das Bremer Musicalwunder

■ Ehrlich wahr: Der Verkehrsverein spinnt bald komplett leeres Stroh zu Gold

Ausgerechnet jetzt, wo busladungsweise die halbe Republik zwischen den paar Musicalstädten herumgekarrt worden ist und langsam zu gähnen anfängt; wo das meiste Geld, das sich damit verdienen läßt, längst verdient ist und die ersten Massenumwälzungsunternehmen wie das Berliner „Marlene“- Projekt schon wieder peinvoll zusammenkrachen; ausgerechnet jetzt also, nach all den Jahren, nimmt der bremische Verkehrsverein unserer kleinen Stadt all seine Tapferkeit zusammen und hat eine Idee: Wollen wir nicht mittun und auch mal galaktische Summen absahnen?

Unsere kleine Stadt, spätestens seit der „Peter“- Pleite geübt im Aufspringen auf entgleisende Züge, unsere kleine Stadt macht demnächst wieder einmal massig Zaster, jedenfalls wenn es nach dem Verkehrsverein und seinem Vorsitzenden Ulrich Nölle geht: Das Postamt 5 wird, wenn die Post auszieht, flugs umgebaut; und Bremen wird Musicalstadt.

Daß Bochum („Starlight Express“) mitten im Ruhrgebiet liegt und dennoch nur schwer die enormen Kosten einspielt; daß nach Hamburg („Cats“, „Phantom der Oper“) die Leute vor allem wegen des Ganzkörperkitzels fahren, allwo sie ja nach dem Musical auf der Reeperbahn herumschnuffeln können, das alles kann unsere spätberufenen Visonäre nicht ängstigen: Hierzulande kann man hinterher im Bahnhof flippern gehen, und Herr Andrew Lloyd Webber wird schon noch wissen, wie man Erfolge komponiert. Ja, Webber soll, auch das ist wahr, ein Musical schreiben mit den „Bremer Stadtmusikanten“ als Helden.

Ist er nicht rührend, der Glaube, dieses durch und durch ausgemergelte, verhunzte, ausgelatschte und abgenagte Provinzmärchen, dieses milliardenfach verscheuerte Billigsouvenir könnte jährlich Hunderttausende nach Bremen locken? Ist die Narretei nicht schon direkt gebenedeit? Wenn Webber kein Herz aus Stein hat, bringt er auch noch Heini Holtenbeen unter. Manfred Dworschak

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