Die Petersilie im Maul des Karpfens

■ Hilmar Hoffmann, Präsident der Goethe-Institute, zu privatem Sponsoring

Herr Hoffmann, warum wird der Rotstift ausgerechnet bei den Goethe-Instituten angesetzt?

Hoffmann: Die Kürzungen betreffen den gesamten Kulturetat des Auswärtigen Amtes, also auch den Deutschen Akademischen Austauschdienst, Sprachkurse in GUS-Ländern und so weiter.

Welche Institute sind von der Schließung betroffen? Wer trifft die Entscheidung darüber?

Das entscheidet das Präsidium des Goethe-Instituts, und diesem Präsidium gehört ein Vertreter des Auswärtigen Amtes an. Zur Frage, welche Institute betroffen sind: Wir sind ohnehin dabei, Sparmaßnahmen zu beraten, denn wir müssen bis 1997 eine ganze Reihe von Stellen einsparen. Wir dürfen auch beispielsweise die Mehreinnahmen, die wir im Inland durch Sprachkurse erwirtschaftet haben, nicht mehr in die Auslandsinstitute investieren. Außerdem ist das Einnahmesoll von bisher 32 auf 42 Millionen heraufgesetzt worden. Ich habe anläßlich meines Amtsantritts wegen dieser Punkte Gespräche mit Herrn Doktor Kinkel und dem Herrn Bundeskanzler geführt; beide wollen mit Herrn Waigel ein Gespräch führen, das allerdings noch aussteht. Der Bundeskanzler weiß um die Bedeutung der Goethe-Institute. Sie können – speziell im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Situation, den jüngsten Ereignissen in der Bundesrepublik – die oft einseitige Berichterstattung korrigieren durch Gespräche oder Symposien. Hinzu kommt, daß gerade jetzt in Mitteleuropa eine ungeheure Nachfrage nach deutscher Sprache herrscht. So gehe ich davon aus, daß der Bundeskanzler alles tun wird, um möglichst wenig Schaden für die Goethe-Institute entstehen zu lassen.

Sie wollen private Sponsoren mobilisieren. Wie soll das vor sich gehen?

Ich will sieben Sponsoren gewinnen, die mit jeweils einer Million Mark interessante Sonderprojekte der einzelnen Institute fördern. Wir brauchen das Geld auch, um keine Bibliotheken schließen zu müssen (Für die Bibliotheken hat Hoffmann bereits in der Vergangenheit Sponsoren wie die Deutsche Bank, Daimler-Benz und Bertelsmann mobilisiert. Anm. d. Red.) oder ganze Institute.

Was wäre denn die Art von Projekt, von der Sie sich vorstellen könnten, daß sie für Daimler-Benz zum Beispiel interessant sein könnte?

Die Amerikaner richten derzeit in Moskau Kulturzentren ein, die mit den modernsten High-Tech- Anlagen ausgestattet sind, und sich on line mit allen Datenbanken zum Thema Management, Wirtschaft der Vereinigten Staaten kurzschließen lassen. Das kann für uns nicht der Maßstab der Dinge sein. Ein Projekt könnte sein, wenn wir ein Henze-Festival in Moskau machen wollten, wenn wir das Gesamtwerk eines deutschen Komponisten vorstellen wollten: das überfordert in der Regel die Goethe-Etats. Ich bin ja dafür bekannt, daß ich gerade die Alternativ- und experimentelle Kultur gefördert habe, das Goethe-Institut tut dies ja auch. Die Mäzene und Sponsoren in der Frankfurter Kulturpolitik haben wir auch immer nur für die Extras, für die Petersilie im Maul des Karpfens, herangezogen, der Karpfen muß gefälligst von der öffentlichen Hand beziehungsweise vom Goethe-Institut selbst kommen.

Fürchten Sie nicht, daß dann Image-Pflege als Wirtschaftsfaktor von Ihnen erwartet wird?

Wir werden auch noch soviel Geld lieber ausschlagen, bevor wir inhaltliche Rücksichten nehmen. Ist die Suche privater Sponsoren für Sie auch eine Strategie für andere Kulturinstitutionen, zum Beispiel das Berliner Schiller Theater?

Ja natürlich. Nur, ein Sponsor in Berlin wird sich natürlich fragen: Warum soll ich jetzt hier einspringen, wenn die Schließung einfach durch präventive Strukturmaßnahmen hätte verhindert werden können?

Haben Sie schon Interessenten?

Ja. Ich kann allerdings noch keine Namen nennen. Interview: Mariam Niroumand

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