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Der große Sanierungs-Flop

■ Seit über drei Jahren steht das Laue-Areal im Schanzenviertel leer/ Die Branche munkelt über Liquiditätsprobleme   Von Kai von Appen

Die Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) protestierte; BewohnerInnen aus dem Sanierungsgebiet Schanzenviertel liefen Sturm: Dennoch verscherbelte der Senat 1990 das sogenannte Laue-Gelände für 17 Millionen Mark an Voscheraus Jura-Studienfreund Hans-Erich Dabelstein. Jetzt scheint dem Anwalt und Immobilienhändler die Puste auszugehen, der Voscherau-Coup zum Flop zu werden. Denn das Terrain steht immer noch leer. Rückt bald die Mietenpolizei Dabelstein auf die Pelle? Bezirksamt-Stadtplaner Peter Illies: „Kein Mensch darf Wohnungen leerstehen lassen.“

Noch vor drei Jahren hatte Dabelstein für die „westliche innere City“ große Pläne geschmiedet: Die Wohnungen auf dem Areal der ehemaligen Gewürzfabrik wollte er sanieren, nutzlose Hallen abreißen und durch ein großes Passagenzentrum mit Kleingewerbe und Sozialwohnungen ersetzen. Am Millerntor wollte er der Reeperbahn ein neues Anlitz verpassen, indem der Rotlicht-Meile ein gigantisches torförmiges Gesicht verpaßt werden sollte. Das Millionending platzte.

Mitten in die Verhandlungen um den Kauf des asbestverseuchten Iduna-Hochhauses, die bereits bis zur Vertragsreife fortgeschritten waren, platzte die Direktive von Dabelsteins holländischen Auftragebern – dem Investorenpool „Properties B.V“ – den Kaufrausch sofort einzustellen. Inzwischen hat Dabelstein auf dem Kiez den Rückzug angetreten. Die Bowlingbahn am Zirkusweg – einst für 18 Millionen gekauft – verdealte er für 45 Millionen Mark weiter, und auch die Eisengießerei (Simon-von-Utrecht-Straße) ist von seiner Bestandsliste offiziell verschwunden.

Und damit nicht genug: Obwohl Dabelstein seit Anfang 1991 so tut, als wäre der Baubeginn auf dem Laue-Komplex nur noch eine Frage von wenigen Wochen, geschieht seit Jahren so gut wie gar nichts. Steg-Sprecher Rüdiger Dohrendorf: „Die Bebauungspläne sind seit langem mit uns abgestimmt und fertig, dennoch geht es nur im Schneckentempo weiter.“ Grund: Immer wieder reichen Dabelstein-Beauftragte geringfügige Nachbesserungen ein.

Doch diese Modifizierungen könnten nur Bestandteil einer Verzögerungspolitik sein, um Liquiditätsprobleme zu verschleiern, munkelt man in Branchenkreisen. Denn Dabelstein hat sich noch nicht einmal um öffentliche Gelder, die ihm für die Sanierung zustehen, bemüht. Sabine Libuda von der Wohnungsbaukreditanstalt (WBK): „Ein Antrag auf Förderung liegt nicht vor“. Es habe zwar erste informelle Gespräche über „Finanzierungsmodalitäten“ gegeben, in denen Dabelstein Sonderkonditionen verlangt habe, die WBK sei aber nur zur Förderung nach ihren Richtlinien bereit. Libuda: „Wir können nicht für jeden Bauherrn Sondermodalitäten aushandeln, dann hätten wir bald so viele Förderungsmodelle wie Hamburg Einwohner.“ Dabelsteins Problem: Das jetzige Vorhaben sei kein „rentierliches Projekt“, weil aufgrund der Investitionen die „Finanzdaten sehr ungünstig“ seien.

Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hat im Moment keine Handhabe, gegen Dabelstein ein „Baugebot“ zu verhängen. Peter Illies: „Zwingen können wir ihn nur, wenn wir gültiges Baurecht hätten. Der neue Bebaungsplan ist aber noch nicht fertig. Und der jetzige sieht überwiegend gewerbliche Bebauung vor.“ Nur gegen Wohnungsleerstand könne die Mietenpolizei vorgehen. Vor kurzem habe Dabelstein allerdings einen „Vorbescheid“ beantragt: „Zum ersten Mal hat er damit zu erkennen lassen, daß er ernsthaft Wohnungen bauen will“, so Illies. Konkret bedeutet dies aber wenig. Im Klartext: Es kann wieder ein Verzögerungstrick sein. Illies: „Ich seh' im Moment allerdings auch noch keinen konkreten Bauantrag oder Baubeginnn.“

Eine Stellungnahme von Hans-Erich Dabelstein war für die taz in den vergangenen Tagen nicht zu bekommen.

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