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Staatsanwalt ermittelt gegen DVU-Abgeordneten

■ Klaus Blome hat illegale Fraktionsgelder nicht versteuert / “Sicherheitszuschlag“ war Schmiergeld

Bürgerschaftspräsident Dieter Klink hat ungewöhnliche Post bekommen: Oberstaatsanwalt Hans-Georg von Bock und Polach teilte Klink mit, daß er ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet hat, und zwar nicht gegen irgendwen, sondern gegen einen Abgeordneten der bremischen Bürgerschaft. Klaus Blome von der DVU steht im Verdacht, im Jahr 1992 genau 3.265 Mark an der Steuer vorbeigeschaufelt zu haben. Politisches Geld, denn das ist genau die Quote, die der DVU-Abgeordnete ordentlicherweise hätte abführen müssen, wenn er den dubiosen „Sicherheitszuschlag“ seiner Fraktion bei seiner Steuererklärung angegeben hätte. Hat er aber offensichtlich nicht. Und deshalb ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft.

Unterdessen kommen die Hintergründe der Sonderzahlungen der DVU-Fraktion an ihre Mitglieder an die Öffentlichkeit. Beim „Sicherheitszuschlag“ handelte es sich offensichtlich um politisches Bestechungsgeld: Der Parteichef Gerhard Frey ließ zahlen, um den unbequem gewordenen Abgeordneten Karl-Heinz Vorsatz kaltzustellen.

Der „Sicherheitszuschlag“, das waren 807,40, die die DVU- Fraktion jedem ihrer Abgeordneten jeden Monat zusätzlich zu den Diäten bezahlt hat, insgesamt 8.881 Mark. Begründung in einem Fraktionsprotokoll vom Januar 92: Weil nicht so viel Arbeit anfällt, braucht die DVU kein Fraktionsbüro. Die Gelder sollten auf die Abgeordneten verteilt werden.

Das war illegal, und deshalb wurden der Bürgerschafts- DVU jetzt die Zuschüsse gesperrt. Es gab anonyme Anzeigen wegen möglicher Steuerhinterziehung beim Finanzamt: Die Behörde solle doch einmal nachprüfen, ob die Abgeordneten ihr zusätzliches Gehalt, immerhin 20 Prozent der Diäten, denn ordnungsgemäß versteuert hätten. Bei Klaus Blome wurden die Fahnder fündig.

Das bewußte Protokoll der Fraktionssitzung vom 30. Januar 92 zeigt aber nur die halbe Wahrheit. Dort war festgehalten worden, wie Parteichef Gerhard Frey gemeinsam mit der Fraktionsvorsitzenden Marion Blohm gegen die Eröffnung eines Fraktionsbüros argumentierten, und damit auch gegen den mittlerweile verstorbenen Karl-Heinz Vorsatz. Der hatte sich immer für ein Büro ausgesprochen, ohne das sei eine ordentliche politische Sacharbeit nicht zu leisten. Vorsatz stimmte als einziger gegen den Frey/Blohm-Antrag, den „Sicherheitszuschlag“ zu zahlen.

Was Vorsatz nicht wußte: Die Entscheidung war schon vor der Sitzung gefallen. Da hatte Frey nämlich alle DVU- Abgeordneten ins Bremer Intercity-Restaurant geladen und eingeschworen. Der „Sicherheitszuschlag“ war das Bonbon für die Abgeordneten. Frey hatte alle eingeladen, bis auf Karl-Heinz Vorsatz. Der sollte mit dem Manöver kaltgestellt werden.

Jochen Grabler

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