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Unterm Strich

„Alternative: keine“ lautet das Prüfungs- Ergebnis des Berliner Senats zu der Frage, ob die Staatlichen Berliner Bühnen geschlossen werden sollen. In der am Dienstag veröffentlichten Senatsvorlage wird dem Parlament empfohlen, der umstrittenen Einstellung des Spielbetriebes „mit sofortiger Wirkung“ zuzustimmen, um die tarifrechtlichen Kündigungsfristen einhalten zu können. Heute werden die Abgeordneten erstmals nach der Sommerpause zusammenkommen. Die „Affaire Schiller“ steht auf ihrer Tagesordnung, beschlossen wird aber wohl erst am 16. September.

Um künftig die schwerfälligen Tarifbedingungen für die Bühnenbeschäftigten nach eigenem Gutdünken ändern zu können, erwägt das Land Berlin jetzt gar den Austritt aus dem Bühnenverein. Damit sei es möglich, für jede Bühne einen Haustarifvertrag abzuschließen – mehr Spielraum für die in permanenter Finanznot agierenden Intendanten. „Alternative: keine“ mag Rolf Bolwin, der Direktor des Deutschen Bühnenvereins, da gedacht haben. Aus Köln läßt er vermelden, daß sich auch im Falle eines Austritts an der Berliner Tarifsituation nichts ändern würde, die Verträge blieben gültig. Flugs gab er den Spielball „Theaterreform“ nach Berlin zurück: Roloff-Momin möge bitte schön erklären, was sich aus seiner Sicht eigentlich an den Tarifverträgen ändern solle.

„Alternative: ebenfalls keine“ mögen sich auch die Bochumer Theaterfreunde dieser Tage denken. Leander Haußmann ist als Intendant für das dortige Schauspielhaus wohl nicht mehr zu verhindern. Mit Beginn der Spielzeit 1995/96 wird er den scheidenden Frank-Patrick Steckel beerben. Mit einem „Team von Regisseuren“ will Haußmann im Ruhrpott ein „europäisches Theater“ installieren. „Auch osteuropäische Künstler“, erklärte der 34jährige, „könnten von unseren Subventionen profitieren“ – so es sie demnächst überhaupt noch gibt. Als „größten Wunschtraum“ bezeichnet es Haußmann, an einem Theater etwas wachsen zu lassen. „Eigenentdeckungen müßten der größte Stolz eines Intendanten sein“, erklärte der jüngst noch selbst als Entdeckung Gehandelte, und befand in zitierwürdigen Worten: „Das Schönste ist am Intendantensein, die Eitelkeit abzulegen und anderen Arbeitsmöglichkeiten zu geben.“ Was für eine Alternative!

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