: Alterserscheinungen bei Germanisten
■ Fachbereich Germanistik bestellt „Bummelstudenten“ an die Uni / Wer mehr als 19 Semester studiert, wird „beraten“
Siebenundfünfzig Semester und immer noch kein Studienende in Sicht: Mit einer ungewöhnlichen Aktion will der Fachbereich Germanistik der Freien Universität (FU) dem Problem der Langzeitstudenten zu Leibe rücken. Alle 1.401 Studenten im neunzehnten oder einem noch höheren Fachsemester wurden von Dekan Professor Gerhard Spellerberg in die Universität zitiert, um sie in einem „Beratungsgespräch“ nach ihrem Studienstand und den Examensvorbereitungen zu befragen.
Einhundertvierzig der insgesamt 7.583 Haupt- und Nebenfachstudenten der Deutschen Philologie befinden sich sogar im 45. bis 57. Fachsemester. „Hier besteht Klärungs- und Handlungsbedarf“, sagte Professor Spellerberg gestern.
Von den schriftlich zum Beratungsgespräch nach Dahlem gebetenen Langzeitstudenten sei bislang knapp die Hälfte der Aufforderung gefolgt, sagte Spellerberg. In immerhin fünfundachtzig Prozent der Fälle konnte daraufhin eine Rückmeldung befürwortet werden. Viele von ihnen hatten sich bereits beim Wissenschaftlichen Landesprüfungsamt zum Staatsexamen oder im Prüfungsbüro der Freien Universität zur Promotion angemeldet.
Als Gründe für die Verzögerung wurden von den Studenten familiäre Schwierigkeiten oder die Notwendigkeit zum Geldverdienen „plausibel begründet“. Bei einem kleineren Teil handelt es sich um voll im Berufsleben stehende Personen, mit denen Einvernehmen über die Exmatrikulation erzielt werden konnte.
Die Germanisten wollen es nicht beim Beratungsgespräch belassen. Wer sich jetzt ernsthaft um einen Abschluß bemüht, soll bei der Suche nach Prüfern und Themen tatkräftig unterstützt werden. Für diesen Personenkreis sei ein weiteres Gespräch nach zwei Semestern vorgesehen, wurde erklärt. Im kommenden Jahr will sich der Fachbereich den Studierenden im 17. oder 18. Semester zuwenden. taz/dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen