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Diepgen kündigt weitere Einsparungen an

■ Erste Regierungserklärung nach der Sommerpause: Eingriffe in „Bewährtes und Bekanntes“ sind nicht zu vermeiden / Flaue Debatte mit müden Parlamentariern

CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky bekam weit mehr Beifall als Eberhard Diepgen, Regierungschef der Großen Koalition und Landesvorsitzender derselben CDU. In einer höhepunktslosen Regierungserklärung versuchte Diepgen gestern nachmittag in der ersten Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses nach der Sommerpause, die Regierungsfraktionen noch einmal auf die zwei Stützpfeiler seiner Politik einzuschwören: den Umzug von Regierung und Parlament und die Austragung der Olympiade im Jahr 2000. Ähnlich wie SPD-Chef Ditmar Staffelt am Wochenende auf dem SPD-Landesparteitag, richtete Diepgen scharfe Worte an die Umzugsverhinderer in Bonn. „Der Eindruck, die Berlin-Gegner wollten mit dem Hinweis auf astronomische Summen den Umzug nicht nur verzögern, sondern verhindern, ist für die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt verheerend.“ Rheinischer Klüngel und Engstirnigkeit dürften nicht zur Staatsräson in Deutschland erhoben werden. Er verwies darauf, daß in Berlin weiterhin eisern gespart werden müsse: „Weitere und schmerzliche Eingriffe in Bekanntes und Bewährtes sind da nicht zu vermeiden.“

Im Plenarsaal des Preußischen Landtags wurde es etwas munterer, als er der Opposition vorwarf, Etatkürzungen im allgemeinen und Etatsteigerungen im besonderen zu fordern. Nach nur flauem Beifall für seine Rede auch aus den eigenen Reihen nahm Landowsky den Ball auf und geißelte die Oppositionsparteien, insbesondere Bündnis 90/Grüne, mit flammenden Worten. Er warf ihnen Kleinkariertheit vor, vor allem in der Frage der Olympiabewerbung. Es gehe darum, ob „die Völker der Welt an der Jahrtausendwende auf diese Stadt schauen, weil hier die größten Spiele des Erdballs in Frieden und Freiheit, Demokratie und Harmonie stattfinden“. Oder darum, ob „diejenigen triumphieren, die der Stadt keine Freude und Zukunftshoffnung gönnen“. Er hoffe, daß das Bündnis 90/Grüne nie wieder Regierungsverantwortung übernehme – und löste mit diesem Verdikt Heiterkeit bei den so Gescholtenen aus.

Deren Fraktionsvorsitzender Wolfgang Wieland konterte und prophezeite den Regierenden, am Ende des „Schicksalsmonats September“ (O-Ton Landowsky) völlig nackt dazustehen. Diepgen empfahl er, die nächsten drei Wochen seiner Amtszeit zu genießen, weil es die letzten sein könnten. Wenn er in Anlehnung an den SPD-Linken Tilman Fichter die intellektuelle Ödnis Berlins beklagte, so galt das auch für die gesamte Parlamentsdebatte, deren inhaltlicher Neuigkeitswert gegen null tendierte, die aber zumindest polemische Glanzlichter hatte. Was wiederum Ditmar Staffelt dazu bewog, mit dem moralischen Zeigefinger auf die Grünen zu zeigen und ihnen billige Neinsagerei und Polemik vorzuwerfen. „Ich wünsche mir einen ernsthaften Dialog und eine konstruktive Diskussion“, forderte der SPD-Chef – hatte aber dem Credo zu Hauptstadt und Olympia auch nichts hinzuzufügen. Kordula Doerfler

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