: Bokassa: „Ich bin Kaiser“
■ Jubel und Ärger über den freigelassenen Ex-Diktator
Berlin (taz) – Andre Kolingba ist nur noch wenige Wochen Präsident der Zentralafrikanischen Republik, und er weiß es. Auf Druck Frankreichs hatte er Anfang der Woche den Versuch aufgeben müssen, die von ihm verlorenen Präsidentschaftswahlen zu annullieren. Nun hat er sich mit einem Danaergeschenk an seinen Nachfolger revanchiert: Jean-Bedel Bokassa, 1965 bis 1979 grausamer Diktator und ab 1977 „Kaiser“ Zentralafrikas, kam aus dem Gefängnis frei, zusammen mit allen anderen Häftlingen des Landes.
Mehrere tausend jubelnde Straßenkinder und andere Hauptstadtbewohner empfingen Bokassa begeistert, als er Mittwoch mittag das Gefangenenlager De Roux in Bangui verließ. Der Ex-Diktator wurde zum Präsidentenpalast gebracht und erhielt eine Unterkunft in Kolingbas Gästehaus. Dort gab er der Korrespondentin des französischen Figaro ein Interview, in dem er erklärte: „Hier ist mein Platz. Ich bin Kaiser.“ Er werde alles machen, um seinem Land zu helfen, sagte der 72jährige: „Ackerbau, Viehzucht, Fischerei. Wenn man mich bittet, wieder Politik zu machen, werde ich sehen. Wenn das Volk es wünscht, komme ich zurück.“
Wird das Volk es wünschen? Bokassa wurde 1979 mit französischer Hilfe gestürzt, nachdem Berichte über immer grauenhaftere Menschenrechtsverletzungen die Weltöffentlichkeit entsetzt hatten. Er erhielt Exil in Frankreich, kehrte 1986 in die Zentralafrikanische Republik zurück und wurde prompt verhaftet. Der Prozeß gegen ihn wegen Korruption und Kannibalismus endete mit einem Todesurteil, das später zu 20 Jahren Haft umgewandelt wurde. Vor einem Jahr wurde das erneut halbiert. Im Gefängnis erfuhr Bokassa nach eigenem Bekunden eine „Erleuchtung“, wonach er nicht bloß Kaiser sei, sondern auch einer der Apostel des Heiligen Paulus; in dieser Gestalt verschickte er voluminöse Briefe in alle Welt und wartete auf die eigene Wiederkehr.
Die hat er nun, und er gedenkt, im Lande zu bleiben – seine Schlösser in Frankreich wurden ohnehin vor zwei Jahren versteigert. Für eine Rückkehr nach Frankreich hat seine Freilassung die Franzosen auch zu sehr verärgert. „Nichts ist so gut geeignet, das Wahlklima zu stören“, schäumte Botschafter Michel Lunven. Bokassa auf freiem Fuß ist für den nächsten Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik, wer immer das sein wird – am 12. September findet eine Stichwahl statt – höchst unerfreulich.
Sollte es Bokassa je wieder nach der Macht gelüsten, wird sich zeigen, wie sehr sich in Afrika die Zeiten geändert haben. Als „Kaiser“ verkörperte Bokassa in den 70er Jahren die schlimmsten Exzesse afrikanischer Diktaturen. Als größenwahnsinniger Pensionär unter einem gewählten Präsidenten kann er kaum mehr sein als ein exzentrischer Störenfried. D.J.
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