: Helmut Kohl von Neonazis genervt
■ Die Bundesregierung will jetzt die FAP vom Bundesverfassungsgericht verbieten lassen
Bonn (AFP/taz) – Die SPD hat seit 1985 ihr Verbot gefordert, gestern kündigte Helmut Kohl an, daß die Bundesregierung handeln werde und die rechtsradikale „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP) verbieten lassen will. Das Kabinett habe dafür die Vorbereitung eines entsprechenden Antrags an das Bundesverfassungsgericht beschlossen, erklärte Bundeskanzler Helmut Kohl gestern in Bonn. Die Zunahme rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten, das dreiste Auftreten von Neonazis in der Öffentlichkeit und die neue Dimension rechtsradikaler Organisationsformen in Deutschland würden zu einer ernsthaften Bedrohung der inneren Sicherheit, erkannte der Kanzler. „Diese extremistisch motivierte Gewalt ist genauso ein gezielter Anschlag auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung wie linksextremistischer Terror.“
Die FAP wurde bereits 1978 von dem einstigen Hitlerjugend-Führer und späteren NPD-Aktivisten Martin Pape in Stuttgart gegründet. Pape bemühte sich zwar, seiner Partei einen seriösen, verfassungstreuen Anstrich zu geben, arbeitete jedoch mit Altnazis zusammen und fand lobende Worte für Neonazis wie den berüchtigten Wehrsportgruppenchef Karl-Heinz Hoffmann oder den umstrittenen Star der rechtsradikalen Szene, Michael Kühnen. Kühnen selbst trat nie der FAP bei, zeigte aber Verständnis dafür, „wenn Kameraden diese Möglichkeit nutzen, um politisch legal zu arbeiten“.
Als Michael Kühnens Organisation 1983 verboten wurde, diente die FAP als Auffangbecken für heimatlos gewordene Nazis. Die SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen forderte vor diesem Hintergrund bereits 1985 – das heißt vor nunmehr acht Jahren – ein Verbot der Partei, doch damals lehnten Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann und sein Staatssekretär und heutiger Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Carl- Dieter Spranger, dies ab, da „bei Gesamtwürdigung eindeutig rechtsextremistische Tendenzen nicht festgestellt werden“ könnten.
Zwei Jahre später – inzwischen waren nahezu 300 Ermittlungsverfahren gegen FAP-Mitglieder und Anhänger der Partei wegen politisch motivierter Delikte eingeleitet worden – forderten die SPD-Fraktionschefs von Bund und Ländern erneut ein Verbot; wieder vergeblich.
Nach internen Querelen verlor die FAP einen großen Teil ihrer Mitglieder, doch beispielsweise bei dem Pogrom in Rostock oder bei Angriffen auf Asylbewerberheime waren notorische FAP-Aktivisten mit dabei. Obgleich der Parteichef Friedhelm Busse Anfang dieses Jahres einen Beschluß herbeiführte, daß die Partei jede Form der Gewalt ablehne, hetzt sein Parteiblatt Neue Nation munter gegen die „Vernegerung“ Deutschlands und präsentierte sich als „die sozialistische und nationale Alternative gegen Überfremdung und Ausbeutung, für Volksgemeinschaft und Leistung“.
Nach dem Verfassungsschutzbericht 1992 stieg trotz des Verbotes der Nationalistischen Front (NF), der Nationalen Offensive (NO) und der Deutschen Alternative (DA) im Herbst 1992 die Zahl der neonazistischen Splittergruppen zum Jahresende von 30 auf 33 an. Seite 5
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