■ Kommentar: Arbeiter-Prostitution
Kriegsflüchtlinge aus Bosnien bieten in Hamburg das einzige an, was sie haben: ihre Arbeit. Polen entfliehen Hunger und Elend. Sie erbauen billig, willig und heimlich die neue Nordeuropametropole Hamburg. Ihre Deutschmark fließen oft zurück nach Polen, helfen dort.
Ihr Lohndumping nervt den deutschen Sozialstaat: Wer zahlt Onkel Willi dann die Rente? Wer überweist dann Arbeitsamtschef Olaf Koglin sein Gehalt? Welcher Unternehmer möchte im Konkurrenzkampf auf Illegale verzichten, die mafiöse Profitraten garantieren?
Die Lohndumper aus Ost und Süd, die Arbeitsprostituierten, sind das Ziel einer ganz neuen Arbeitsmarktpolitik: Zoll, Bundesgrenzschutz, Krankenkassen, Ausländerpolizei und Arbeitsamt verteidigen in enger Kooperation und Datenkommunikation das deutsche Sozialsystem. Aufrüstung gegen das Elend der Welt. Eine beklemmende Entwicklung, die zeigt, wohin die deutsche Asyl- und Ausländerpolitik driftet: Einwanderungsrealität soll mit Polizei geleugnet werden.
Das Ergebnis kann in den US-Slums besichtigt werden. In Hamburg geht es gerade erst richtig los. Lokale Patentrezepte gibt es nicht. Die Legalisierung oder Duldung von Lohndumping und Schwarzarbeit würde tatsächlich das deutsche Sozialsystem aushebeln.
Die Fahnder des Arbeitsamtes können das Problem jedoch nicht lösen. Sie bestrafen in der Regel nur die Opfer. Hamburg braucht stattdessen eine kreative Einwanderungspolitik, eine Wirtschaftspolitik, die vernetzte regionale Arbeit statt High-Tech-Pleiten fördert und Ausbau statt Abbau von ABM und Qualifizierung. Florian Marten
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