: Konkurrenz für Biogemüse
■ Westproduzenten zittern vor der neuen ökologischen Landwirtschaft aus der Ex-DDR
Der Absatz der verwachsenen Kartoffeln, der verschieden großen Salatgurken, der teilweise vernarbten Paprikaschoten und des anderen Gemüses läuft gut. Der kleine Laden auf dem Bio- Hof in Ramlingen am Südrand der Lüneburger Heide hat eine treue Stammkundschaft. Bauer Gerald Meller, auf dessen Äckern Unkrautvernichter und Kunstdünger tabu sind, hat außerdem einen Vertrag mit einem Babykost-Hersteller, der große Mengen Mohrrüben abnimmt. Die Stimmung des 34jährigen ist trotzdem schlecht: „Die Zukunft wird schwer.“
Meller und die anderen über 4.000 Bio-Bauern in den alten Bundesländern haben die Gefahr im Osten Deutschlands ausgemacht. Gemüse, Obst, Getreide, Milch-und Fleischprodukte aus biologischem Anbau, in großen Mengen auf den West-Markt geworfen, könnten einen Preisrutsch auslösen. Der Grund: Nach dem Zusammenbruch der DDR haben viele der riesigen „Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften“ (LPG) ihr Heil in der von der EG finanziell unterstützten Umstellung auf extensive Landwirtschaft gesucht. Extensive Landwirtschaft ist aber vor allem dann lohnend, wenn Bio-Produkte erzeugt werden.
Während in Westdeutschland langsam die Fläche für den Anbau von Bio-Produkten auf rund 98.000 Hektar anwuchs, ist in Ostdeutschland schlagartig nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriumeine Fläche von rund 100.000 Hektar entstanden, auf der extensive Landwirtschaft betrieben wird. Nach einer zweijährigen Umstellungsfrist können die meisten Öko-Betriebe aus dem Osten dieses Jahr erstmals ihre Ernte unter dem Prädikat „aus kontrolliert biologischen Anbau“ verkaufen.
„Die kommende Ernte ist eine echte Zitterpartie“, sagt Armin Meyercordt von der Landwirtschaftskammer Hannover, zuständig für Öko-Landwirte. Niemand wisse, wieviel von den 100.000 Hektar in einfaches Grünland — wie Weiden — umgewandelt und wieviel für den ökologischen Landbau genutzt werden. Eins stehe jedenfalls fest: Mit den Großbetrieben im Osten könnten die Öko-Bauern im Westen nicht mithalten.
Dabei scheint das Problem zumindest teilweise hausgemacht: Einer Infas-Umfrage zufolge sind Verbraucher mehrheitlich bereit, höhere Preise für Öko-Gemüse und -Obst zu zahlen. Eifersüchteleien der verschienenen Verbände der Öko-Bauern hätten dazu beigetragen, daß noch keine schlagkräftige Vertriebsstruktur aufgebaut werden konnte, kritisiert Meyercordt. dpa
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