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Klöckner darf mit Plastik heizen

■ Umweltsenator will Verbrennung im September genehmigen / BUND: „Staubsaugereffekt“

Für die umstrittene Plastikverbrennung bei Klöckner scheinen die Würfel gefallen: Der Bau des Ofens ist abgeschlossen und die Anlage wird wohl noch im September in Betrieb gehen. Das Genehmigungsverfahren werde bald abgeschlossen, „noch in diesem Monat“, sagte Umweltstaatsrat Uwe Lahl am Donnerstag abend bei einer Anhörung der Beiräte Strohm und Seehausen.

Zu verhindern wäre die Anlage nur über die Immissionsschutzverordnung. Uwe Lahl gestern zur taz: „Nur wenn deutlich mehr Schadstoffe rauskommen als bisher, haben wir einen Grund, die Genehmigung des Betriebs zu verweigern.“ Doch wenn sich die Annahmen bestätigen, daß am Ende nicht mehr Schadstoffe aus dem Schornstein kommen, als sie bei der aktuellen Befeuerung mit Öl anfallen, dann wird die Pilotanlage Schule machen. Dann könnte beim Bedarf der deutschen Stahlwerke in kürzester Zeit „locker eine Million Tonnen Plastik verbrannt werden“, rechnet Bernd Langer vom BUND vor. Eine Menge, die weit über dem liegt, was an Plastikmüll bisher gesammelt wird. Langer kritisiert: „Ein gewaltiger Staubsaugereffekt.“

Zentral wird bei der Beurteilung der Anlage der Ausstoß von Dioxinen sein. Dabei sei die eigentliche Verbrennung bei 2.000 Grad nicht das Problem, so Lahl. Diese Temperaturen zerstören Dioxine. Problematischer sei die Abkühlung der Abgase und die Nutzung der Gichtgase zur Wärmegewinnung. Dort könne es zu einer Neubildung von Dioxinen kommen. Aber genau könne das niemand vorhersagen, man müsse die Auswertungen des Meßprogramms abwarten. Lahl: „Sicher ist nur: wenn Dioxine nicht vorhanden sind, gibt es keine Argumente gegen die Anlage.“

Das sieht der BUND ganz anders. „Das ist ein Dammbruch“, sagte Bernd Langer. Wenn die Stahlwerke in die Plastikverbrennung einstiegen, dann entstünde ein riesiger Bedarf — und niemand hätte mehr ein Interesse an Müllvermeidung. „Am Ende“, so Langer, „wandert alles in den Ofen. Und was soll Kraftwerke daran hindern, dasselbe zu machen.“

Dazu ist der BUND der Meinung, der Umweltsenator dürfe die Genehmigung gar nicht erteilen: Was Klöckner vorhabe, das sei ganz eindeutig Verbrennung, und die sei laut Verpackungsverordnung verboten. Das findet Uwe Lahl überhaupt nicht: Von Verbrennung könne keine Rede sein, das sei „rohstoffliche Verwertung“. Die Logik: Der Rohstoff für das Platik ist Öl, und schließlich werde bei der Anlage ja Öl ersetzt. Um den Interpretationsstreit zu klären, wurde beim Umweltbundesamt eine Studie in Auftrag gegeben. Die soll bald fertig sein. Und dann kann der endgültige Bescheid geschrieben werden. Jochen Grabler

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