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Das Leben als Lachnummer

■ Flying Circus in Berlin: Eine Monty-Python-Reihe in Treptow

Lächerliche Katastrophen, alberne Debakel, unappetitliche Situationen: ebenso lässig wie elegant überwindet die Monty- Python-Truppe die Grenzen des sogenannten guten Geschmacks und straft die gern mißbrauchte Phrase vom feinen englischen Humor Lügen. „Sofort aufhören, das ist Blödsinn ...“, fährt ein Oberst permanent durch eine Folge von „Monty Python's Flying Circus“, und mit der Diagnose „Blödsinn“ hat er völlig recht.

Daß das ganze Leben lediglich eine Lachnummer ist, wollten die sechs Pythons Ende der 60er Jahre bezeugen. Und obwohl ihre 45 „Flying Circus“-Sendungen im Spätprogramm liefen, hatten sie in England recht schnell bis zu zehn Millionen Zuschauer. Ob es um randaliernde alte Damen geht, die auf dem Trottoir brave Bürger anpöbeln, um den „Mann mit drei Arschbacken“, oder ob die Diskussion über die Existenz oder Nichtexistenz Gottes durch Ringkampf (Monsignore Edward Gay, katholischer Prälat in vollem Ornat gegen Dr. Tom Jack, Philosophieprofessor und Autor des Buches „Hallo Seemann“) ein für allemal beendet wird: Dreiste Improvisation, Mißachtung jeglicher Tradition und Konvention und ein anarchistischer Umgang mit den Themen Kirche, englische Kolonialgeschichte, Sexualerziehung und Militär ziehen sich durch ihre Werke. Und ein herrlicher Sinn für absurde Pointen. „Die Jungs haben sich nie als Intellektuelle gefühlt“, sagte Ian Macnaughton, Regisseur der „Monty Python“- Kinofilme kürzlich in einem Interview der Süddeutschen Zeitung. „Sie machten keine intellektuellen Witze, sondern einfach Witze. Wenn sie geschrieben haben, wollten sie nur auf ihre eigene Art möglichst komisch sein.“ Diesen Erfolg kann man ihnen nicht absprechen. So veranlaßte die „Flying Circus“- Nummer über berühmte Selbstmorde, mit „Juchhu“ und Grandezza in Szene gesetzt, einen Kritiker der Zeit zu der bemerkenswerten Versicherung, er bekäme „Lust, selbst einmal salutierend aus dem fünften Stock zu hechten“. Nun ist das zwar ein Gefühl, das auch einige deutsche Witzemacher gerne in uns wecken – ich verweise lediglich auf Herrn Gerd Rugenbauer – aber doch aus anderen Gründen. So empfiehlt auch der kompetente Humorkritiker Hans Mentz: „Monty Pythons anschauen, es lohnt sich ...“ Und: Recht hat er!

Vom 2. bis zum 9. September läuft in Treptow ein Monty-Python-Festival. Gezeigt werden hier fast alle Kinofilme der englischen Komikergruppe, unter anderem ihr Debütfilm „And Now For Something Completely Different“ (Deutsch: „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“). Für diese übermütige Nummernrevue wurden einige der brillanten „Flying Circus“-Nummern noch einmal neu in Szene gesetzt. Der brachiale Gottesbeweis nicht. Aber falls es Sie interessiert: Gott existiert durch zwei Schulterwürfe gegen eine Aufgabe. Martin Sonneborn

Noch bis Mittwoch im „Come in“ (Treptow, Rudower Chaussee 16-25) täglich 17 und 20 Uhr. Es gibt Ozelotleber und gebrauchte Gebüsche, Erscheinen in themengerechter Garderobe wird wohlwollend zu Kenntnis genommen.

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