: Berlin geht gegen Reichskriegsflagge vor
■ Weisung von Innensenator Heckelmann an Polizei / Zeigen der Flagge gilt nun als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung
Nach Brandenburg hat sich nun auch Berlin entschlossen, gegen die Reichskriegsflagge vorzugehen. Wie der Sprecher der Innenverwaltung, Hans-Christoph Bonfert, gestern auf Anfrage der taz bestätigte, werde in diesen Tagen eine Weisung an die Berliner Polizei ergehen, mit der fortan das „Zeigen und Verwenden der Reichskriegsflagge in der Öffentlichkeit“ als „Verstoß gegen die öffentliche Ordnung“ bewertet und somit unterbunden werde. Ob damit die Beamten zugleich auch das Recht erhalten, die Fahne zu beschlagnahmen, ließ Bonfert gestern offen.
Rechtliche Grundlage ist nach Angaben der Innenverwaltung das „Allgemeine Ordnungs- und Sicherheitsgesetz“ (ASOG). Ausdrücklich bestätigte Bonfert, daß die Polizei nicht nur das Verwenden der Fahne als Tuch, sondern auch als Emblem – etwa als Aufnäher auf Jacken – untersagen kann. Ebenso gelte die Weisung für Sport- oder Motorboote, die die Reichskriegsflagge öffentlich auf den Berliner Gewässern mit sich führten.
Als Begründung für die Weisung nannte Bonfert den „Mißbrauch“ der Flagge durch Rechtsextremisten. In letzter Zeit hätten sich die Fälle gehäuft, in denen die Fahne von Neonazis an Stelle der Hakenkreuzflagge verwendet worden sei. Diese „Provokation der freiheitlichen Ordnung“ werde man künftig in Berlin nicht mehr dulden. Bereits in der letzten Woche hatte Brandenburg seine Polizei angewiesen, gegen den Gebrauch der Reichskriegsflagge in der Öffentlichkeit einzuschreiten.
Als Symbol diente die Reichskriegsflagge von 1867 bis 1871 der norddeutschen Bundesmarine, bis 1918 der kaiserlichen Marine. Noch nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde sie von der Flotte bis 1921 geführt. In der Weimarer Republik benutzten konservative und reaktionäre Kräfte die Fahne, um ihre Gegnerschaft zur damaligen demokratischen Verfassung zu demonstrieren. In den Farben Schwarz, Weiß und Rot zeigt die Reichskriegsflagge in der Mitte ein Balkenkreuz mit einem schwarzen Reichsadler. Außerdem trägt sie in der linken oberen Ecke ein eisernes Kreuz.
Neben der jüngsten Weisung – die faktisch einem Verbot der Reichskriegsflagge in der Berliner Öffentlichkeit gleichkommt – unterstützt Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) nunmehr auch das vom Bonner Bundesinnenministerium angestrebte Verbot der rechtsextremen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP). Die Organisation ist nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz in Berlin „sehr aktiv“. In den vergangenen Jahren habe die FAP versucht, ihre Arbeit auf die von ihnen so bezeichnete „Reichshauptstadt“ zu konzentrieren, erklärte Verfassungsschutz- Chef Heinz Annußek. In Berlin zähle die FAP rund 100 Mitglieder und Sympathisanten. Sie sei besonders im Ostteil der Stadt aktiv, klebe Plakate und verteile Flugblätter mit nationalsozialistischem Gedankengut. Am 17. August – dem Todestag von Rudolf Heß – seien 41 FAP-Mitglieder von der Polizei festgenommen worden, die von Berlin nach Cottbus fahren wollten. Mit ihrer Forderung, die „Sozialrevolutionäre Arbeiterfront“ (SrA) und das „Förderwerk Mitteldeutsche Jugend“ (FMJ) zu verbieten, steht Brandenburg seit gestern nicht mehr allein. Nach Angaben der Berliner Innenverwaltung hat Innensenator Dieter Heckelmann in einem Brief an das Bonner Bundesinnenministerium wie auch an seinen Amtskollegen in Potsdam ein Verbot der beiden rechtsextremen Organisationen gefordert. SrA und FMJ seien Nachfolger der im vergangenen Jahr bundesweit verbotenen „Nationalistischen Front“ (NF). Severin Weiland
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