: Behindertenmesse im östlichen Abseits
■ Messegesellschaft Berlin will keine Fachmesse „Integration“ am Funkturm / Begründung: Die Behindertenmesse sei „wirtschaftlich nicht tragbar“
Streit um „Integration“, die Fachmesse für Behinderte: Die „Ausstellungs-Messe-Kongress GmbH“ (AMK) will dem Veranstalter „Weber-Werbung“ im Frühjahr 1994 keine Hallen mehr unter dem Funkturm zur Verfügung stellen.
Als Grund nannte die AMK gegenüber der taz „organisatorische Schwierigkeiten“, die der Veranstalter aus dem niedersächsischen Delligsen mit der „Integration 93“ im März dieses Jahres gehabt habe. AMK-Sprecher Michael Hofer: „Obwohl nicht wir, sondern die Weber-Werbung als Gastveranstalter für den gesamten Ablauf verantwortlich waren, ist das negative Image im nachhinein gänzlich auf uns abgewälzt worden.“
Kritikern von Behinderteninitiativen, die während der Funkausstellung gegen die Politik der AMK protestiert hatten, hält Hofer entgegen, daß man den Veranstaltern sogar ausgeholfen habe, „um die Messe überhaupt über die Runden zu bringen“.
Vorwürfe, die von der Projektleiterin Martine Rehr-Zimmermann von der Weber-Werbung zurückgewiesen werden. An den damaligen Problemen trage die AMK ein „gutes Stück mit selbst Schuld“.
So sei der Weber-Werbung zehn Tage vor Beginn der Messe mitgeteilt worden, daß die Messe statt der in U-Bahn-Nähe gelegenen Halle 11 in die Halle 26 verlegt werden müsse. Rehr-Zimmermann: „Die rund 100 Aussteller waren in der großen Halle zum Teil sehr weit voneinander getrennt, was natürlich bei den Besuchern keinen sehr guten optischen Eindruck hinterlassen hat.“
Die Projektleiterin vermutet hinter der Absage handfeste Eigeninteressen der AMK: Vom 26. bis 29. Mai läuft als Eigenveranstaltung der AMK rund um den Funkturm die Gesundheitsmesse „Vital“ – parallel dazu findet der Ärztekongreß statt. Bereits im Juni ließ die AMK der Weber- Werbung schriftlich mitteilen, der „notwendige Aufwand für die Infrastruktur“ sei „im Verhältnis zur Größe der Messe relativ hoch“ und daher die Integration '94 „wirtschaftlich nicht tragbar“. Aus den Querelen mit der AMK hat die Weber-Werbung nun Konsequenzen gezogen. Wie bereits 1992 soll die Integration '94 wieder in der Ostberliner Wuhlheide stattfinden. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
