: Die loyale Rosi
■ Die taz-Serie zur Wahl / Heute Folge 12: Schulsenatorin Rosemarie Raab
Unter der Hand gibt's auch gute Kritiken für Schulsenatorin Rosi Raab. Sie sei nicht die Schlechteste, sie habe sich bemüht, Schlimmeres zu verhindern, habe dazugelernt, sei jetzt endlich richtig eingearbeitet, möge doch besser bleiben. Das sagen auch jene, die in den vergangenen Jahren gebetsmühlenartig die Warnungen vor der Katastrophe wiederholten, auf die das Schulschiff zusteuere, und die Rosi Raab zugleich den nötigen Rückenwind boten, um in diesem bil-dungsfeindlichen Hamburger Senat wenigstens ein paar Dinge durchzusetzen.
Im Unterschied zu den Hochschulen gibt es an den Schulen keine Wiederbesetzungssperre für freiwerdende Lehrer-Stellen. In der mittelfristigen Finanzplanung sind eine Milliarde Mark für den Schulbau enthalten – die Liste ließe sich fortsetzen. Dennoch scheint es, als würden die anstehenden Aufgaben nur tröpfchenweise bewältigt; es fehlen das Konzept, das Programm, die strukturierende Hand. So wurde das Geld für Schulbau 1992 nicht ausgegeben, weil die Behörde mit der Planung nicht nachkam. 95 neue Lehrerstellen werden geschaffen, obwohl doch die Enquete-Komission Schulpolitik von 400 bis 500 zusätzlichen nötigen Stellen sprach.
Es gibt wohl kaum eine Behörde, der derart häufig öffentlich vorgerechnet wird, daß sie die Probleme der Zukunft nicht im Griff hat. Sollte dies nicht stimmen, so verkauft sich die SPD-Politikerin Raab schlecht. Selbst in Lehrerkreisen ist sie nicht geliebt, verweigert sie ihrer eigenen Klientel doch die nötigen Streicheleinheiten und stellt sich öffentlich stets loyal hinter Voscheraus Senat.
Rosi Raab hat es nicht leicht. Von Joist Grolle übernahm sie ein schweres Erbe. Zahlreiche Schulen waren in seiner Amtszeit geschlossen und teilweise verkauft worden – im Umfang von insgesamt 2000 Klassenräumen; der Lehrernachwuchs war eine Generation lang vor den Schultüren ausgesperrt. Das Gemecker über daraus folgende Probleme übertönt jegliche Anerkennung für die pädagogischen Innovationen, die unter Raab möglich wurden. Leicht abgehoben von der Praxis, abgeschirmt durch ihren Behördenapparat, verteilt sie Schulversuche wie kleine bunte Smarties über die Stadt, was nur die konservative Opposition so richtig stört.
Wie zuvor Grolle ist auch Raab zu einer Zeit Behörden-Chefin, in der die 68er Generation in die Etage der Oberschulräte nachgewachsen ist und das Schulwesen gleich eine ganze Reihe von entscheidenden Verbesserungen erfahren hat. Notenvergabe und strenger Frontalunterricht zum Beispiel sind in weiten Teilen der Grundschulen passe. Käme es zu einem Wechsel an der Behördenspitze, so gäbe es hier einiges zu verteidigen. Das Testergebnis im Überblick: Filz: Ja und nein Emissionen: Schulversuche Leistungen: zeigt sie nicht offen
Kaija Kutter
Morgen Folge 13: Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen