Kirchenmann für die Stasi

■ Jugendbildungsreferenten wegen Spionage vor dem OLG Celle

Ein 22 Jahre alter Mann, der 1966 mit einem inszenierten Grenzdurchbruch von der DDR in die Bundesrepublik geschleust wurde, um für die Stasi zu spionieren, muß sich jetzt vor dem Oberlandesgericht Celle verantworten.

Der heute 49 Jahre alte ehemalige Jugendbildungsreferent des evangelischen Landesjugendpfarramtes Oldenburg ist weitgehend geständig. Er gab zu, für 31.000 Mark Agentenlohn dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR regelmäßig über kirchliche Fragen, Jugendarbeit und die Ost-West-Beziehungen berichtet und auch personenbezogene Daten übermittelt zu haben. Der Prozeß beginnt an diesem Donnerstag und soll am 20. September mit einem Urteil enden.

Der aus einem thüringischen Pfarrhaus stammende Angeklagte begann laut Anklage 1962 in Jena ein Theologiestudium. 1964 gelang es ihm, die Zulassung zum Fach Germanistik zu erlangen, nachdem er sich dem Ministerium für Staatssicherheit schriftlich zur Mitarbeit verpflichtet hatte. In der Folgezeit lieferte er der Stasi Berichte über die Universitätsszene und über die evangelische Studentengemeinde in Jena.

Im März 1966 wurde der Mann relegiert, um damit eine Legende für die vorgesehene Übersiedlung in die Bundesrepublik zu bilden, die am 12. August 1966 erfolgte. Und im Westen ging die Bespoitzelung weiter: Stimmungsberichte über Universität und Studentengemeinde in Tübingen, wo der Mann studierte, bildeten den Anfang seiner West-Arbeit.

Nach seinem Staatsexamen in Politikwissenschaft ging der Angeklagte 1973 nach Oldenburg als Jugendbildungsreferent. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Pflege partnerschaftlicher Beziehungen, die die dortige Landeskirche zur Görlitzer Kirche unterhielt.

dpa