: Arafat schwenkt den Olivenzweig
■ Nach 19 Jahren betritt der PLO-Chef wieder das UNO-Hauptquartier / Suche nach Geldern für die Autonomie
Washington/Tel Aviv (taz/AP/ AFP) – Jassir Arafat versprüht ungemindert seinen Charme. Nach einem Frühstück mit hochrangigen Politikern des US-Kongresses spazierte er am Dienstag in das Hauptquartier der UNO in New York. In der Hand trug er als Friedenssymbol einen Olivenzweig. Zuletzt war der PLO-Chef am 13. November 1974 in die heiligen Hallen der Weltorganisation gelassen worden. Damals hatte bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung sein – allerdings leeres – Pistolenhalfter für Aufsehen gesorgt. Diesmal sprach Arafat eine Dreiviertelstunde mit dem UN-Generalsekretär Butros Butros Ghali. Dabei soll es laut Arafat unter anderem um die mögliche Entsendung von UN- Blauhelmsoldaten in die von Insrael besetzten Gebiete gegangen sein. Der israelische UN-Botschafter, Gaad Jaacobi, erklärte daraufhin, er halte Blauhelme in der Westbank und im Gaza-Streifen für „nicht notwendig“. Schließlich werde demnächst eine palästinensische Polizei gegründet. Zudem bleibe die israelische Armee an strategisch wichtigen Punkten stationiert.
Arafat nutzt seinen aktuellen Sympathiebonus, um für finanzielle Hilfe zu werben. US-Präsident Bill Clinton will eine internationale Konferenz zur Unterstützung der Palästinenser einberufen, aber möglichst kein eigenes Geld ausgeben. Sein Außenminister, Warren Christopher, wies die US-Botschafter in Westeuropa, Japan und am Golf an, in ihren Gastländern um Geld für die Palästinenser zu bitten. Die französische Regierung will in einem „Sonderprotokoll“ zum Staatshaushalt 1994 Mittel für die besetzten Gebiete einplanen.
Arafats wichtigste Gegner innerhalb der PLO, der Chef der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP), George Habbasch, und der Vorsitzende der „Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas“ (DFLP), Naif Hawatmeh, reisten gestern nach Libyen. Gemeinsam mit dem libyschen Staatschef Muammar el-Gaddafi verbindet sie die Ablehnung des Abkommens mit Israel. Der „Außenminister“ der PLO, Faruq al-Qaddumi, traf sich gestern in Bagdad mit dem stellvertretenden irakischen Ministerpräsideten Tariq Ais. Über den Anlaß von Qaddumis Reise kursierten unterschiedliche Versionen. PLO-Kreise in Jordanien behaupteten, er wolle in Bagdad für Unterstützung des Autonomieplanes werben. Aus anderen Quellen hieß es dagegen, der frühere Arafat-Vertraute versuche die Gegner des Abkommens um sich zu scharen. Qaddumi hatte aus Protest gegen Arafats Alleingang am Montag nicht an der Zeremonie in Washington teilgenommen. In Bagdad residieren mehrheitlich Arafat feindlich gesonnene Palästinensergruppen.
Der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin sprach nach seiner Rückkehr aus Washington der Regierung Syriens den Friedenswillen ab. Sie halte „eine Hand zum Frieden ausgestreckt, während sie mit der anderen das Feuer eröffnet“. Zuvor hatte Rabin in Marokko halt gemacht. Trotz freundlichen Empfangs durch König Hassan II. gelang es ihm dort nicht, eine sofortige gegenseitige Anerkennung der beiden Staaten zu erreichen.
In Israel begann gestern das Jüdische Neujahrsfest. Das Militär nahm dies zum Anlaß, den Gaza- Streifen für die bis Sonntag dauernden Feiern hermetisch abzuriegeln. Bereits seit dem Frühjahr dürfen die meisten Palästinenser die Linie zwischen dem Streifen und Israel nicht überschreiten.In der in der Westbank gelegenen Stadt Hebron wurden in der Nacht auf Mittwoch ein Palästinenser getötet und vier israelische Soldaten verletzt. Nach Angaben des israelischen Militärs schoß der Palästinenser zuerst auf die Soldaten. Im Gaza-Streifen erschossen nach Militärangaben israelische Soldaten einen Palästinenser, der sie angreifen wollte. Angeblich gehörten alle Getöteten zur islamistischen Hamas-Bewegung. taud
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