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Anti-Olympia – „Der effektivere Weg ...“

■ Nach den Sprengstoffanschlägen gegen Berliner Olympiasponsoren sprach die taz mit militanten Olympiagegnern / Weitere Aktionen angekündigt

Mit den Sprengstoffanschlägen gegen Berliner Olympiasponsoren haben militante Olympiagegner unterstrichen, daß sie auch mit Gewalt gegen die Berliner Bewerbung vorzugehen bereit sind. Seit Januar 1992 wurden damit 17 Anschläge begangen. Der Sachschaden beträgt mehrere Millionen Mark. Die taz sprach mit drei militanten Olympiagegnern über Sinn und Zweck solcher Aktionen.

taz: Warum mit Gewalt gegen Olympia?

Eberhard: Weil freundliche Argumente nicht ausreichen. Das ist übrigens eine Erfahrung, die auch sogenannte friedliche Olympiagegner machen mußten, gerade in einem Konflikt, bei dem sich die Medien reihenweise gleichschalten und Kritik ausgeblendet wird.

Walther: Bei der Anti-Olympia- Kampagne sind militante Aktionen besonders wirkungsvoll, weil in anderen Bewerberstädten ähnliche Aktionen nicht laufen.

Warum gerade die Sponsoren?

Axel: Weil man da zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Auf der einen Seite gehen Aktionen gegen Sponsoren über ihre symbolische Wirkung hinaus, gerade weil sie bestimmte Leute verunsichern, auf der anderen gibt es auch eine konkrete Wirkung auf die Sponsoren selbst, ob sie ihre Unterstützung aufrechterhalten wollen.

Sollen die Sponsoren geschädigt oder das IOC abgeschreckt werden?

Eberhard: Beides. Wie es wirkt, entscheiden nicht zuletzt diejenigen, bei denen es angekommen ist.

Woraus leitet ihr die Legitimität für Gewalt ab?

Walther: Wir leben ja nicht in gewaltfreien Verhältnissen ...

Das sagen rechtsradikale Schlägertruppen auch.

Eberhard: Halt mal! Der Unterschied ist ja wohl der, daß wir Stärkere angreifen. Die Nazis greifen aber Schwächere an und schrecken vor keiner Brutalität zurück. Das würden wir nie tun. Wir würden auch nicht das Haus eines IOC- Mitglieds anstecken und dabei in Kauf nehmen, daß Menschen verletzt werden.

Daß die Nazis schlimmer sind, reicht als Legitimation?

Walther: Die Frage nach Legitimität ist im Gegensatz zu der nach legal/illegal, die für uns kein Kriterium sein kann, erst mal berechtigt. Da muß man immer wieder genau hinschauen, was man mit welchen Mitteln erreichen will. Insofern ist das auch eine moralische Frage. Bei Olympia ist es so, daß die Olympia GmbH mit einem Millionenetat Meinung macht. Das ist dann sozusagen die gesetzlich legitimierte Gewalt.

Axel: Dazu kommt natürlich auch, daß die Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, daß staatlich legitimierte Formen von Protest entweder totgeschwiegen werden oder als Mäntelchen für angeblich demokratische Verhältnisse vereinnahmt werden.

Heiligt der Zweck die Mittel?

Eberhard: Nein. Natürlich nicht. Aber haben wir die Frage nicht eben schon beantwortet?

Es geht um Abschreckung von Sponsoren und IOC, nicht um die Meinung der Berliner. Insofern ist die Frage berechtigt.

Walther: Wer sagt denn, daß es uns nicht um die Meinung der Berliner geht? Beides kann nicht voneinander getrennt werden. Der politisch bessere Weg wäre selbstverständlich, Diepgen gäbe dem Druck der Olympia-Opposition nach und verzichtete auf die Spiele, anstatt sich durch immer fragwürdigere Umfragen eine Scheinlegitimität zu verleihen. Dem ist aber bekanntlich nicht so. Der effektivere Weg ist zur Zeit der, dem IOC selbst zu zeigen, daß es die Spiele nicht nach Berlin vergeben kann.

Axel: Hinter der Frage verbirgt sich ja die Annahme, daß sich die Berliner Olympiagegner von unseren Aktionen distanzieren. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir haben seit längerem wieder eine Bewegung, wo sich viele freuen, wenn dem Senat mal eins ausgewischt wird.

Schadet ihr durch eure Aktionen nicht der legalen Anti-Olympia-Bewegung?

Walther: Was heißt legal? Ist es legal, wenn bei der Grundsteinlegung für die Radsporthalle Diepgen der Strom abgestellt wird? Wir agieren ja nicht im luftleeren Raum. Wir verstehen uns als Ergänzung zu einer Bewegung, nicht als deren Avantgarde. Und wir sind sicher, daß viele der sogenannten legalen Olympiagegner mit offener bis klammheimlicher Freude auf die Aktionen reagieren.

Aber damit leistet ihr auch der Kriminalisierung Vorschub.

Eberhard: Kriminalisierung funktioniert nur dann, wenn sich die Leute kriminalisieren lassen. Die Tatsache, daß trotz der Brandanschläge auf Hertie und das KaDeWe im April 15.000 Menschen zur Großdemo kamen, hat ja gezeigt, daß der Versuch, die Olympiagegner zu kriminalisieren, nicht aufgegangen ist. Hätte es die Anschläge nicht gegeben, hätte sich der Staatsschutz was anderes ausgedacht. Im übrigen ist es geradezu lächerlich, wenn die Bullen, weil sie keinen anderen Erfolg vorzuweisen haben, sich auf Politikerinnen wie Judith Demba konzentrieren. (Anm. d. Red.: Gegen die Grünen-Abgeordnete wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil sie an einem Video der Anti- Olympia-Bewegung beteiligt war, das einen Autonomen mit einem Stein und den Worten „We will wait for you“ zeigt.)

Ein Vertreter des autonomen Anti-Olympia-Komitees (AOK) wurde jüngst zitiert, es werde weitere „Störaktionen“ geben.

Axel: Da wünschen wir ihnen viel Erfolg.

Ist das AOK der legale Arm der militanten Gruppen?

Axel: Quatsch. AOK ist AOK. Das sind Autonome, die sich dafür entschieden haben, legal als Teil des Anti-Olympia-Bündnisses zu arbeiten.

Beteiligt ihr euch selbst an legalen Aktionen?

Walther: Die Gruppe, die am vergangenen Wochenende die Telekom-Fahrzeuge abgefackelt hat, hat zur Beteiligung bei der Großdemo am 18. September aufgerufen. Dem schließen wir uns an.

Wird es auch nach einer Entscheidung für Berlin Anschläge geben?

Axel: Dann wird es erst richtig losgehen.

Würdet ihr das Ergebnis einer Volksabstimmung akzeptieren, auch wenn sich die Mehrheit der Berliner für Olympia ausspräche?

Walther: Wir würden das dann akzeptieren, wenn die Anti-Olympia-Bewegung mit den gleichen Mitteln und dem Platz in den Medien ausgestattet werden würde wie die Olympia GmbH. Interview: Uwe Rada

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