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Hessens Polizei zieht No-name-Produkte zurück

■ Innenminister wagt mehr Demokratie

Wiesbaden (dpa/taz) – Stellen Sie sich vor, Sie möchten dem Polizisten, mit dem Sie zuletzt Kontakt hatten, einen Strauß Blumen schicken, ein paar nette Worte senden: Wie machen Sie das? Bisher: ein Anruf beim Präsidium, eine komplizierte Personenbeschreibung, die Versicherung reiner Motive – mühsam, aufwendig, selten erfolgreich. In Hessen geht man nun kürzere Wege: Die knapp 16.000 Freunde und Helfer im öffentlichen Dienst tragen vom 1. November an ein kleidsames Schildchen an ihrer Uniform (Achtung: Brusttasche!), auf dem ihr Name zu lesen ist. So hat das hessische Innenministerium gestern entschieden, nachdem ein Modellversuch bei der Bevölkerung „auf große Zustimmung“ (dpa) gestoßen sei. Allenfalls beim Auftreten der Polizei „in Formationen“ soll noch einmal gesondert über das Tragen der Namensschilder entschieden werden: Warum wohl dies? Weil Polizisten „in Formationen“ an der Ausübung individueller Freundlichkeit gehindert sind und so der oben beschriebene Notfall gar nicht erst auftreten kann? Weil sie ihre Individuation, verbürgt durch das Tragen des eigenen Namens, vorübergehend hintanstellen sollen, hat man sich einmal für ihr Auftreten „in Formationen“ entschieden? Selbst Polizeipräsidenten und Innenministern müßte einleuchtend sein, daß das verordnete Ablegen des eigenen Namens(schildchens) zu Enthemmungen führen kann, die gerade die Berufung auf den Namen des Entfesselten seitens des geneigten Publikums erforderlich machen. – Insofern nur ein halber Schritt auf dem gewundenen und langen Wege hin zur real existierenden Demokratie.

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