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Hamburger Grüne können mitrudern

■ Bei der Landtagswahl in Hamburg verlieren SPD und CDU / Gewinne bei den Grünen und der „Statt Partei“ / FDP mußte zittern / DVU und Reps warscheinlich unter fünf Prozent

Berlin (taz) – Die SPD hat in Hamburg bei der Bürgerschaftswahl ihr bisher schlechtestes Ergebnis in der Hansestadt erreicht. Auf Basis der ersten Hochrechnungen der ARD erreichten die Sozialdemokraten gerade einmal 41,4 Prozent (ARD). 1991 hatte sie noch mit 48 Prozent knapp die absolute Mehrheit erreicht. Einen geradezu katastrophalen Einbruch erlitt die CDU: Mit 25,0 Prozent erreichte sie das schlechteste Ergebnis überhaupt in Bund und Ländern. Überraschend freuen konnten sich dagegen die Grünen. Ihnen wurden Prozentzahlen um die 14 Prozent und damit eine Verdopplung des Stimmenanteils (1991: 7,2 Prozent) vorausgesagt. Nach den Hochrechnungen der ARD verpaßten die Liberalen den Einzug in die Bürgerschaft. Nachdem sie 1991 die Fünfprozenthürde geschafft hatten, sank der prognostizierte Stimmenanteil auf 3,5 Prozent. Nach den Hochrechnungen haben die rechtsextremen Parteien, die DVU (3,0 %) und die „Republikaner“ (4,3 %), den Einzug in die Bürgerschaft knapp verpaßt.

Überraschender Gewinner der Wahl war mit erwarteten 6 Prozent die „Statt Partei“ des CDU-Abtrünnigen Markus Wegner. Er hatte die Neuwahl mit einer Verfassungsklage erzwungen. Die Neuwahlen mitten in der Legislaturperiode waren notwendig geworden, weil das Verfassungsgericht die Wahlen von 1991 wegen undemokratischer Kandidatenaufstellung bei der CDU für ungültig erklärt hatte.

Deutlich mehr Hamburger als vor zwei Jahren hatten sich bis zum Nachmittag an der Bürgerschaftswahl beteiligt. Bis 16 Uhr hatten nach Angaben des Landeswahlamtes 61,5 Prozent der Bürger ihre Stimme abgegeben, das entspricht rund 768.000 von 1,25 Millionen Wahlberechtigten. Damit war bereits zwei Stunden vor der Schließung der Wahllokale die Wahlbeteiligung von 1991 erreicht. Jeder siebte Wähler hatte von der Briefwahl Gebrauch gemacht.

Der SPD-Bundesvorsitzende Rudolf Scharping hatte offenbar schon vor der Schließung der Wahllokale erhebliche Verluste seiner Partei bei der Bürgerschaftswahl erwartet. Auf dem Landesparteitag der baden-württembergischen SPD in Bräunlingen erklärte er, es werde sich in Hamburg zeigen, daß die SPD noch nicht die Kraft habe, „genau genug“ Antworten auf die Fragen zu geben, die die Wähler interessierten. Statt dessen beschäftige sich die Partei mit Debatten, „die uns andere aufzwingen“. Das Risiko sei groß, daß sich deshalb Wähler enttäuscht von der Sozialdemokratie abwendeten.

Auf dem längsten Stimmzettel seit 1946 standen 19 Parteien, Wählervereinigungen und Einzelkandidaten zur Wahl. Die SPD zog wieder mit dem 52jährigen Bürgermeister Henning Voscherau als Spitzenkandidat in den Wahlkampf. Die CDU trat erstmals mit dem 49 Jahre alten Dirk Fischer als Herausforderer des Bürgermeisters an. Sie hatte bei der Wahl vor zwei Jahren 35,1 Prozent und 44 Mandate in der Hamburger Bürgerschaft geholt.

Drittstärkste Partei der letzten Landtagswahl war die Grün-Alternative Liste (GAL) mit neun Sitzen und 7,2 Prozent der Stimmen. Mit der 40jährigen Lehrerin Krista Sager auf Platz eins hat sich die GAL für die Bildung einer rot-grünen Koalition für den Fall ausgesprochen, daß die Sozialdemokraten ihre absolute Mehrheit verlieren.

Mit dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Landtagswahl wurde gestern – nach Redaktionsschluß – gegen 22 Uhr gerechnet.

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