: Spardruck aufs Zentralkrankenhaus
■ Walter Bremermann wird Verwaltungsleiter der St.-Jürgen-Klinik / „1993 zum letzten Mal Millionen-Defizit“
Das „kommissarisch“ fällt weg: Walter Bremermann, beurlaubter Verwaltungschef des Krankenhauses Bremen-Nord und bisher kommissarischer Verwaltungschef im Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße, wird ab Oktober fester Verwaltungsleiter der größten Bremer Klinik. Der Vertrag sei zwar noch nicht unterschrieben, so Bremermann am Freitag, aber alles läuft auf den Verwaltungsleiter hinaus. Bremermann ist angetreten, nach dem Skandal um die „Schwarzgeldklinik“ des Verwaltungschefs Galla und den Schulden seines Vorgängers Karl Spindler das St.- Jürgen-Krankenhaus endlich finanziell zu sanieren.
Und das zu einer Zeit, in der durch die Gesundheitsreform kräftig der Rotstift angesetzt wird. „Sanierung“ für die St.- Jürgen-Straße heißt denn auch, erst einmal das jährliche Defizit zu verringern. „Aus dem letzten Jahr haben wir ein Minus von zehn Millionen“, sagt Bremermann. Für 1993 hatte er im Frühjahr 9,5 Mio Defizit veranschlagt: „Da bleiben wir deutlich drunter.“ Bereits im nächsten Jahr will der Verwaltungschef mit dem Krankenhaus einen ausgeglichenen Jahresetat vorlegen und dann sogar Gewinne machen. Ein Interesse daran hat neben dem Krankenhaus vor allem der Bremer Finanzsenator: Wenn die Krankenhäuser nach fünf Jahren immer noch rote Zahlen schreiben, muß nämlich die Kommune einspringen.
Anders als früher gibt es nach der Gesundheitsreform am Ende des Haushaltjahres für die Krankenhäuser keine Nachverhandlung mit den Kassen mehr. Das Jahresbudget, beim ZKH St.-Jürgen-Straße knapp 300 Millionen Mark, muß eingehalten werden. Die anderen Krankenhäuser in Bremen kommen mit diesem Budget bereits in diesem Jahr aus, sagt Jürgen Göttsche vom Gesundheitssenator: „Die Häuser haben alle die gleichen Probleme, kostendeckend zu arbeiten, aber in der St.-Jürgen- Straße sind sie besonders groß.“ Als Grund dafür nennt Verwaltungsdirektor Bremermann die Größe des Hauses und das große Leistungsspektrum: „Wir sind vergleichbar mit einer Universitätsklinik. Andere Häuser unserer Größe machen im Jahr 15 Millionen minus, ohne daß es jemanden groß stört.“
Auch Manfred Müller, Geschäftsführer der AOK in Bremen, plädiert vehement fürs Sparen im Krankenhaus. „Unsere Planung ist hundert Jahre alt. Wir müssen insgesamt umstruktieren und zum Beispiel viel mehr ambulant operieren lassen. Das ist nicht nur billiger, sondern auch humaner.“
Die Einsparungen im St.-Jürgen-Krankenhaus sollen nicht zu Lasten der Patienten gehen, betont Bremermann. Dafür will er die „Rationalisierungspotentiale ausschöpfen“: Neueinstellungen sollen kritisch beäugt, im Sachkostenbereich soll gestrichen und der große Betrieb nach überflüssigen internen Kosten durchforstet werden. So wird zum Beispiel die Wäscherei des Krankenhauses zum Oktober aufgelöst und die Arbeit an externe Subunternehmer vergeben: „Das spart 1,2 Mio im Jahr“.
Personal soll nicht entlassen und auch an an der Pflege soll nicht gespart werden: „Es wird hier nicht schlechter gepflegt als anderswo.“ Schließlich gebe es die bundeseinheitliche Pflegesatzverordnung, die ein bestimmtes Zahlenverhältnis von Pflegekräften und PatientInnen vorschreibt.
Der Personalrat ist bei der Diskussion um die Rationalisierung sehr zurückhaltend. Zwar habe niemand aus der aufgelösten Wäscherei seinen Job verloren oder bekomme weniger Geld, aber „Privatisierung bedeutet immer Verschlechterung“. Kürzungen nach dem „Rasenmäherprinzip“ würden nicht funktionieren, heißt es, und „das erhöht die Belastung für das Personal, soviel ist klar.“ Bernhard Pötter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen