: Auf der Suche nach der Feuerwehrfrau
■ Die ÖTV fordert endlich Gleichbehandlung von Feuerwehr und Polizei Von Kai von Appen
Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) schlägt Alarm: In Briefen an die neuen Bürgerschaftsabgeordneten fordert die Gewerkschaft von Senat und Stadtparlament endlich die „Gleichbehandlung von Feuerwehr und Polizei“ und deshalb eine „Revision“ des „94er Haushalts“, der noch vom sozialdemokratischen Allein-Senat durchgesetzt wurde. ÖTV-Sekretärin Sieglinde Frieß: „Eigentlich sollen Feuerwehr und Polizei als Institutionen der Inneren Sicherheit gleich behandelt werden. In der Realität wird der Polizei aber ein ganz anderer Stellenwert eingeräumt als der Feuerwehr – weil die Feuerwehr eben nur löscht.“
So gebe es seit drei Jahren ein „Fünf-Jahres-Programm“ zum prüfungsfreien Aufstieg, nach dem Beamte im Bereich der Inneren Sicherheit, wenn sie eine gewisse Anzahl von Berufsjahren und bestimmte Tätigkeiten im Mittleren Dienst absolviert haben, ohne Prüfung in den Gehobenen Dienst aufsteigen. Frieß: „Bei der Feuerwehr ist dieses Programm immer noch nicht verwirklicht worden, während bei der Polizei in diesem Jahr wieder x-Leute in den Gehobenen Dienst gekommen sind.“
Auch bei der Ausstattung mit Sachmittteln wird die Feuerwehr nach Auffassung der ÖTV-Sekretärin stets benachteiligt. „Wenn es darum geht, Fahrzeuge anzuschaffen, dann kriegt halt die Polizei eher ihre Fahrzeuge. Oder die Feuerwehr hat eher veraltete Sachen und die Polizei bekommt immer die neuesten Varianten“, beklagt Sieglinde Frieß, die in der Behandlung eine Art „Abstufung von Beamten der Inneren Sicherheit“ sieht.
Die Personalsituation bei der Feuerwehr ist weiterhin angespannt. Frieß: „Wir haben das große Problem, daß ein Drittel aller Kollegen nicht einmal die Altersgrenze erreicht, sondern früher dienstunfähig wird.“ Die Mitarbeiter würden dann zum Teil in den Innendienst versetzt oder als Pförtner im Rathaus eingesetzt, andere gehen auch ganz nach Hause. Durch die derzeitigen Einstellungen werde nur der „status quo“ erhalten.
Da über Jahre hinweg nicht ausgegebildet wurde, bleibt nach Auffassung der ÖTV-Sekretärin der strukturelle Personalmangel bestehen. „Ein Löschzug, wenn er zu einem Großrand ausrückt, sollte aus 16 Leuten bestehen. In der Realität besteht er im allgemeinen aus nur acht bis zehn Leuten“, so die Erfahrung von Sieglinde Frieß. Das bedeute eine „permanente Überforderung“ der staatlichen Löscher. Frieß: „Wenn wirklich mal viele Leute aus einem brennenden Haus gerettet werden müssen, haben die Kollegen meist gar nicht die Kapazitäten, um schnell zu helfen.“
Für den Feuerwehrberuf sollte verstärkt geworben, dieser durch Aufstiegschancen attraktiver gemacht werden, damit nicht wieder Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Es müsse auch überlegt werden, ob die Einstellungsanforderungen gesenkt werden. Immer noch würden viele Bewerber durchfallen, weil sie die sportlichen Anforderungen nicht erfüllen. Dieser Sportprüfung – der sich eigentlich auch angehende Polizistinnen unterziehen müssen – sind bislang alle Bewerberinnen zum Opfer gefallen, die den Weg zu den staatlichen Löschern suchten. Frieß: „Die Frauen fallen bei der Sportprüfung durch, und dann heißt es: Die Frauen sind nicht fähig und genügen den Ansprüchen der Feuerwehr nicht. Gesundheitlich ist es aber oft überhaupt nicht der Fall.“ Bei der Polizei ist hingegen latente Unsportlichkeit kein automatischer Ablehnungsggrund.
Sieglinde Frieß gibt daher zu bedenken, daß Frauen während der Ausbildung schnell sportliche Defizite wettmachen könnten. Die Feuerwehr wäre nach Meinung der ÖTVlerin gut beraten, wenn sie Mädchen bereits an den Schulen für den Feuerwehrberuf interessieren könnte. „Es gibt ja viele sportliche junge Frauen. Mädchen ist bislang aber die Perspektive Feuerwehr gar nicht eröffnet worden – wo gibt es denn auch den Begriff: Feuerwehrfrau? Gar nicht.“
Voraussetzung, um den männlichen und weiblichen Feuerwehrnachwuchs zu sichern, sei aber, die Löscher nicht weiter zu benachteiligen: „Denn sonst würden sich weiterhin junge Männer und Frauen die Frage stellen: Warum soll ich zur Feuerwehr gehen? Warum gehe ich nicht zur Polizei, wo als Voraussetzung keine handwerkliche Ausbildung mit fünf Jahren Berufspraxis verlangt wird.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen