Lalonde versetzt grünem Bündnis den Todesstoß

■ „Generation Ökologie“ zieht ohne Grüne in Europawahlen / Drift nach rechts

Paris (taz) – Das Bündnis der beiden französischen Umweltparteien Génération Ecologie (GE) und Les Verts ist praktisch tot. Vergiftet hat es GE-Chef Brice Lalonde, der seine eigene Karriere nach vorn stellt. So setzte der Gründervater beim Nationalrat seiner Partei am Wochenende durch, daß GE für die Wahlen zum Europaparlament 1994 eine eigene Liste aufstellt, die – wie könnte es anders sein – von Lalonde angeführt wird. Alle übrigen Öko-Politiker dürfen sich anschließen, sofern sie die gleichen europäischen Überzeugungen vertreten.

Die Grünen hatten bis jetzt den Wunsch nach einer gemeinsamen Liste geäußert; es ist jedoch kaum denkbar, daß sie sich dem Diktat von Lalonde beugen werden, dessen Wankelmut und Selbstherrlichkeit sie seit den Anfängen der französischen Umweltbewegung vor 20 Jahren kennen. „Lalonde ist kein Demokrat. Er hält es nur in einer Partei aus, wenn er an deren Spitze steht“, hatte Grünen-Sprecher Yves Cochet schon vor einem Jahr prophezeit.

Lalonde ging noch weiter: In einem Interview verhöhnte er die Grünen, zugleich biederte er sich der konservativen Regierung an. „Für mich gibt es Öko-Schätzchen und Öko-Dummköpfe“, sagte er in einem Wortspiel, „es gibt Neo- Marxisto-Sonstwas, die sich in der Ökologie recyceln, und Ökologisten, die Roller fahren wollen. Und das Problem mit den Grünen ist, daß man nie weiß, wer gerade spricht.“

Dem rechten Regierungschef Edouard Balladur bezeugt er hingegen „große Hochachtung“. Dessen Politik sei „viel linker“ als die des sozialistischen Vorgängers Pierre Bérégovoy. Seine Schlußfolgerung überraschte da wohl niemanden mehr: Der ehemalige Umweltminister der sozialistischen Regierungen unter Michel Rocard und Edith Cresson sagt, er hätte „überhaupt kein Problem, einer liberalen und sozialen Regierung“ anzugehören. Einen ersten Annäherungsversuch hatte er schon vor dem Sommer erfolgreich unternommen: Lalonde bat Balladur um einen Auftrag; er erstellt nun für die rechte Regierung einen Bericht zum Thema „Gatt und die Umwelt“, der dann in einer Schublade verstauben dürfte.

Interne Kritik an seiner autokratischen Parteiführung und seinem politischen Rechtsdrall schmettert Lalonde ab. Sie sei nur auf ein paar „linke Krebszellen“ zurückzuführen. Über ein Viertel der hundert Regionalräte, die im März 1992 mit dem Etikett GE gewählt wurden, hat die Partei inzwischen auf eigenen Beschluß hin verlassen. Bettina Kaps