: Berliner sanieren Kreta
■ Bauprojekt für Jugendliche geplant
In der Zeit leerer Kassen nimmt sich das Vorhaben von Günther Kny und Hans Sontag schon etwas gewagt aus: Die beiden wollen ein Projekt mit Berliner Jugendlichen organisieren, allerdings nicht in einem der maroden Bezirke der Stadt, sondern auf der griechischen Insel Kreta.
Doch nicht Urlaub im sonnigen Süden soll dann auf dem Programm stehen, sondern harte körperliche Arbeit. Der Ostberliner Kny und der Westberliner Sontag planen ein Bauprojekt, bei dem jeweils sechs bis acht sozial benachteiligte Jugendliche für zwei Monate in Eigenregie an der Instandsetzung eines verfallenen Hauses arbeiten. Nach Fertigstellung, so die Vorstellung der beiden Initiatoren, könnte das Haus dann verkauft, vom Erlös die nächste Villa bezahlt werden. Hans Sontag arbeitet in Berlin seit anderthalb Jahren bei „Zukunft Bauen e.V.“, einem Verein, der Jugendlichen ohne Schulabschluß und mit sozialen Problemen die Möglichkeit gibt, in Baubetrieben und bei Altbausanierungen zu arbeiten, Schulabschluß und Ausbildung nachzuholen. Viele dieser 18- bis 25jährigen haben Probleme mit Alkohol, haben schon im Knast gesessen, Schulden gemacht und müssen sich an geregelte Arbeitszeiten erst einmal gewöhnen. Ihnen will Sontag sein Kreta-Projekt anbieten – aus pädagogischen Gründen: Sontag will die Jugendlichen aus ihrem Kiez rausholen, weg von Kneipen und Discos, von Gewalt und Drogen. Besonders das Weltbild der Jugendlichen, die zum Großteil aus Ostberlin kommen und, wie Sontag sagt, fast ausnahmslos „ausländerfeindliche Einstellungen haben“, hofft der gelernte Maurer ändern zu können.
Schon im nächsten Jahr soll das Projekt starten, doch noch suchen Sontag und Kny andere Projekte, die beim Bauen auf Kreta einsteigen wollen. Für die Finanzierung rechnet Sontag nicht mit Schwierigkeiten: „EG-Mittel und Gelder für Projekte gegen Rechtsextremismus sind ausreichend da.“ In ihrer vorläufigen Planung rechnen Kny und Sontag mit 280.000 Mark für die Anschubfinanzierung.
Auf Kreta sollen die Deutschen auch mit griechischen Auszubildenden zusammen die Häuser sanieren – wenn denn die zuständigen Ministerien mitspielen: Einem Teil der interessierten Arbeiter bei „Zukunft Bauen e.V.“ versperren die Vorschriften den Trip nach Griechenland. Nach Sontags Angaben ist ihnen, da sie durchs Bundessozialhilfegesetz gefördert werden, die Reise ins Ausland verboten. bö
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